Fangberichte Süsswasser-Piraten erobern finnisches Festland!


Langsam etwas nervös verfolgen Michael und Sami die letzten Wochen per Webkamera die nur langsam einsetzende Eissschmelze in der Nähe ihrer Destination. In das relativ nördlich gelegene Pohjanmaa soll die Reise gehen. Hoffentlich sind die Fische nicht mehr am Laichen, denken wir uns, als die letzten Eisschollen erst zwei Wochen vor der Reise schmelzen.


Die erste grössere Fischerreise des Team Fishadelics sollte es werden. Da Kim, das dritte Mitglied forschungshalber noch in Thailand weilt, fliegen Michael und ich eben zu zweit in den Norden. Nach einem nervigen Zwischenaufenthalt in Kopenhagen kommen wir mit Rucksäcken, aber ohne Ruten im Provinzflughafen Oulu an. Wer denkt, dass die Schweiz ein teures Pflaster sei, sollte nie nach Kopenhagen gehen. Und die Würstchenbude „Franks“ im Transferterminal verdient ihren Namen definitiv nicht. Die Würstchen schmeckten derart übel, dass selbst das leckere dänische Bier unseren Gaumen nicht richtig erfreuen konnte.

Dieses Problem löst sich allerdings rasch im Nichts auf,  als wir bemerken, dass die Rutenrohre nicht an unseren Gepäckstücken liegen. Der Zöllner meint ganz ruhig und gelassen, dass sie bestimmt morgen kommen würden…oder sonst halt übermorgen. Super! Zwei lange Tage, bis die Rohre endlich nachgeliefert werden. Immerhin frei Haus, was bei unserem abgelegenen Ferienhäuschen schon was heisst!


Mit unserer Ankunft verzieht sich leider auch das schöne und beständige Wetter. Wind und Regen kann uns aber nicht vom Angeln abhalten, denken wir… und werden kurz darauf mitten auf dem See von Sturmböen und Hagelwetter überrascht. Mit den letzten Ruderzügen gelingt uns die Flucht nach Hause. Kaum die Sauna geheizt, können wir beobachten, wie der mürrische Sturm drei gross gewachsene Föhren umhaut.


Anstelle des Non-Stop-Angelns entpuppen sich unsere Ferien je länger desto mehr zur Plackerei im Wald… Die Bäume müssen gefällt und zersägt werden, damit sie mit ihrem Gewicht nicht noch mehr Grün erdrücken.


Nicht mit uns! Wir erledigen bloss das Notwendigste und ergreifen so schnell wie möglich wieder die Ruten. Aber ob mit dem Spinner, gejerkt, gewobbelt, gejiggt…nichts geht. Der Besitzer des Sportfachgeschäfts erklärt uns mit breitem Grinsen, dass die Fische gerade am Ablaichen seien. Weil wir die Fische dabei nicht stören wollen und diese ja sowieso nicht beissen, wissen wir vorerst nicht weiter. 40 Kilo Angelzeugs mitgeschleppt und nun wird aus all dem nichts? Kann nicht sein.


Das meint auch der Sportverkäufer. Er erzählt uns von einem nahe gelegenen See, an welchem vom Forstamt alljährlich 500 Kilogramm Regenbogenforellen ausgesetzt würden, eventuell ginge dort etwas. Obwohl wir absolut keine Fans von Zuchtschwarten aus Forellenpuffs sind, erklären wir uns ohne gross absprechen zu müssen bereit, den nahen Tümpel mal abzuchecken.


Der See ist ja riesig! Da sind ja 500 Kilogramm Forelle im Nu verteilt! Im selben Moment noch froh darüber, dass es sich bei besagtem See definitiv nicht um ein Forellenpuff handelt, kommt uns bereits der Zweifel, ob wir hier eine Chance hätten. Der See ist wirklich gross…


Probieren geht über studieren! Eine 24-Stunden-Tageskarte kostet 10 Euro, logo, das lohnt sich, zumal es sich wirklich um einen sehr malerischen Ort handelt. An diesem Abend läuft allerdings gar nichts mehr. Die Wobbler und Spinner fliegen unzählige Male ins Wasser, bis wir irgendwann auf Berkley-Produkte ausweichen. Trotz unseres Engagements bleiben wir erfolglos. Aber die Erlaubnis ist 24 Stunden gültig. Also ab nach Hause, Sauna, Bier, Schlaf und wieder zurück. Und endlich kommt unsere Stunde. Wir mieten ein Ruderboot für einen Euro/h dazu und schleppen die Berkley-Köder hinter uns her. Das Echolot zeigt uns rasch und zuverlässig auf, wo sich die Fische aufhalten: Lehrbuchmässig am dem Wind ausgesetzten Ufer. Anders als in der Profiblinker-DVD „Gegen den Strom“ gesagt finden sich die Forellen fast ausschliesslich in (Un-)Tiefen von lediglich 2-4 Metern. Und plötzlich rufe ich: „Micha, ich hab‘ einen!“


 


Eine dicke Regenböglerin schnappt sich die falsche Berkley-Made und zieht rasch Schnur ab. Und los geht der Spass! Überglücklich müssen wir nach der Landung sogleich ans Ufer für Fotos. Danach nutzen wir unser wiedergewonnenes Selbstvertrauen und überlisten noch eine ähnlich dicke Regenböglerin. Als etwas später beim Einholen eine 50er-Bachforelle auf den Köder stürzt war es vorbei mit lustig. Die Nerven liegen blank… Dieser Traumfisch muss ins Boot. Doch es kommt, wie es kommen muss: Der Fisch war nicht etwa am eigentlichen Köder interessiert, sondern biss auf das Blei ein. Der Haken wiederum drang deshalb nicht ins Maul des Fisches, sondern in deren Afterflosse. Er schlitzt bald aus und verabschiedet sich mit einem gewaltigen Schwanzflossenschlag. Welch wunderschöner Fisch… Wenigstens lässt er sich noch auf der Digi-Cam verewigen.


 


Zwei dicke Brocken liegen neben uns. 44cm und 47cm und damit ja definitiv keine frischen Besatzfische. Zurück zu Hause wird der eine Fisch direkt ins Bräunungsstudio gesteckt. Was für ein Duft, was für eine Farbe… Da lechzt man nach mehr!




 


Und schon sitzen wir am nächsten Morgen wieder im Auto Richtung besagtem See. Ruten beködert und ausgelegt und ab die Post. Langer Rede kurzer Sinn: Nach sieben Stunden Rudern und keinem Biss sind wir total ausgepowert und kurz vor dem Resiginieren. Die selben Wetterbedingungen wie gestern, die Fischanzeigen in der selben See-Ecke, aber einfach kein Biss. Ein kleiner Barsch ist das Ergebnis einer siebenstündigen Plackerei… Nein, jetzt reichts. Wir legen das Boot an und montieren simple Grundmontagen mit auftreibendem Forellenteig.


Und kaum ausgeworfen machen wir uns schon Gedanken über die Langweiligkeit des Ansitzangelns. Da sitzen wir nun und haben nichts zu tun. Eine gewisse Tristesse breitet sich über unsere Gemüter. Unsere Fischerferien haben wir uns schon ganz anders vorgestellt. Nichts mit knallharten Jerkbaitdrills, poppersaugenden Barschen, hungrigen Zandermäulern. Natürlich, die Forellen vom Vortag, die waren ein Hit. Und während wir melancholisch dahin bröseln, wie alles hätte kommen können, bemerken wir nicht, wie sich die eine Rute nach vorne neigt. Nein, wir sind definitiv keine Ansitzangler. Nicht dass wir nur den ersten Biss verpasst haben, auch an der zweiten Rute hängt ein stattlicher Salmonide! Unglaublich, es funktioniert! Ein bisschen Teig rausschmeissen und warten… Das hätten wir uns nicht gedacht! Und kaum liegt die zweite Forelle neben uns, surrt bereits wieder die Bremse der anderen Rute. Da rudert man den ganzen Tag lang x-mal ohne jeglichen Biss um den See, um später vom Ufer aus ohne irgendwelche Anstrengung innert einer halben Stunde drei pralle Forellen auf die Schuppen zu legen.


 


Glücklich und zufrieden treten wir den Heimweg an. Obwohl Hecht, Barsch und Zander uns im Stich liessen, erlebten wir viele schöne Momente. Tränkende Rentiere, weissfüssige Schneehasen, balzende Hühner und laichende Hechte im knietiefen Wasser… Die schönen Forellen bescherten uns dann auch anglerisch einen wunderschönen und vor allem erholsamen Urlaub. Oi Suomi, kaunis maa.


Mein sechster Sinn rät mir vor dem Einchecken, die beiden gefrorenen Forellen ins Handgepäck zu nehmen. In Zürich angekommen schallt der Lautsprecher auch sogleich: „Mr. Sami Hug, please come to information desk…“. Ja, mein Gepäck bleibt wieder irgendwo hängen, mitsamt den Rutenrohren.


Einige kleine Videoclips und Fotos findet ihr auf unserer Homepage: www.fishadelics.com

L
da bekommt man ja glatt angst! ich hoffe mein schwedenurlaub ist ein wenig erfolgreicher! <br />
trotzdem ein guter artikel und schoene fotos!<br />
gruß leo
T
Fein und sehr unterhaltsam geschrieben....Kitos!<br />
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Thomas
F
Haha, keine Panik, das wird schon klappen in Schweden! <br />
Ist mir noch nie passiert: Anfang Juni und die Fische voll im Laich. Janu, gab ja trotzdem noch ein Happy End. <br />
Dir viel Spass im Norden!<br />
Gruss, Fishadelic
F
Kiitos Sinullekin! ;-)
L
na wenn dus sagst ;)<br />
danke. meinen artikel kannste dann auch hier lesen.<br />
gruß leo
T
Dammich.....wieder mal ne Vokaldopplung? Also kiitos? Diese Finnen....*g*<br />
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Hätte ich mir aber bereits denken können, als ich das erste Mal finnisches Eis der Marke 'Valiojäätelääööää' kennenlernte....kurz und gut Valio*g*.<br />
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Aber was heißt sinullekin? So etwas wie 'tausend' vielleicht?<br />
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Thomas, Saksa :)
T
hat spaß gemacht zu lesen. kann eure "gefühle" gut nachvollziehen. war 6 mal in norwegen und 4 mal davon nicht am meer fischen. hatte ich damals einfach keinen plan von. ich dachte die tollen fische sind in den bergseen und heißen forellen :)<br />
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nun ich also mit würmern, maden, wobblern und blinkern an die seen. werfen, werfen, würmer baden. hat alles nichts genützt. wenn mal eine rangegangen ist, dann nur gaaanz kleine. ok, ich hatte damals auch keinen wirklichen plan vom "neuen" angeln. ebend nur meine erfahrung vom plumpsangeln an der müggelspree als kind. heute würde das eventuell besser laufen. aber wie man sieht - es ging euch ja auch nicht viel besser.<br />
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in einem urlaub hatten wir so eine fiese forellenmontage im ferienhaus. die nehmen die norweger viel. im meer haben sie eine haspel - also nur schnurr aufm brett mit blei am ende und 10 gummimakks am seitenarm.<br />
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auf dem bergsee haben die dann so eine art planerboard, was ins wasser gelassen wird. dann kommt 100 meter schnurr und auf dem ersten drittel nach dem board, sind 6 seitenarme mit fliegen am ende.<br />
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das ganze teil wird dann einfach zu wasser gelassen, losgerudert und man kämt den see wie mit einem kamm mit den fliegen ab.<br />
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Aaaalter !!!! die forellen die nie gebissen haben auf blech und co. sind wie das böse wesen auf die fliegen geballtert !!! dann hat man da 3 teile dran und leiert die schnur mit der hand ein.<br />
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aber das hat richtig spaß damals gemacht. ab auf den grill und in die räuchertonne und gaaaanz lecker wars :) .<br />
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war auf jedenfall ein schöner artikel.
F
Haha, das gute alte Valiojäätelöä! Schmeckt mir ja am besten...auch wenns nicht so lecker klingen mag.<br />
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"Sinullekin" heisst wohl etwa "Dir auch".<br />
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Saksasta (aus Deutschland), aber wow, man staunt!<br />
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Gruss, Fishadelic
F
Yeah, dieses Ding heisst in Finnland Äschenbrettchen. Habe auch schon Erfahrung damit. Wir benutzten allerdings einfach Spinner. Ist aber schon pervers: Da rudert man mal los und kurbelt die Leine erst ein, wenns an mehreren Seitenschnüren zuppelt. Da musste ich mich schon etwas dran gewöhnen. <br />
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L
die spinnen die finnen!
F
Glaub mir: Es gitb solche und solche! ;-)
F