Ich persönlich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum man nicht sachlich über das Thema diskutieren kann.
Vorweg:
1. Kein Vorfach ist perfekt und kein Vorfach beschützt einen davor, auch mal einen Fisch zu verlieren. Dabei ist die persönliche Erfahrung zwar für jeden ausschlaggebend, aber niemand kann alle Erfahrungen mit allen Vorfächern in der Form sammeln, wie sie hunderte oder gar tausende Angler sammeln.
2. Es gibt nicht "den Stahl" oder "das Titanium" und somit auch nicht "das FC". Demnach muss man so oder so differenzieren.
3. Diese ständig wiederkehrende Position in den Foren und auch den Angelmagazinen, dass FC per se ein Raubfischvorach sein soll, ist der allergrößte Müll und nach meiner persönlichen Meinung eine der gefährlichsten Verbreitungen der letzten Jahre. Fast nirgends steht, dass die jeweiligen Angler (zumindest die versierten) sehr dicke Stärken verwenden, wenn es hechtsicher sein soll. Der normale Durschnittsangler denkt dann natürlich automatisch, dass quasi jedes FC geeignet ist und probiert das auch aus. Ich möchte nicht wissen, wie viele tausende Hechte durch diese Seuche verangelt wurden.
4. Das ständige "wenn keine Hechte da sind" nutze ich xy, ist natürlich auch Müll. Wo gibt es denn bitteschön Barsch und Zander, aber zu 100% keine Hechte? Es gibt dann vielleicht weniger Hechte, aber auch die können beißen.
Zum Thema:
Ich wüsste nicht, dass es spezielles Hecht-FC gibt. Es gibt FC-Leader also recht abriebfestes FC-Vorfachmaterial, welches in entsprechenden Stärken auch weitestgehend Hechtzähnen standhält. Das hat aber nichts mit irgendwelchen FC-Hauptschnüren oder dünneren FC-Vorfachstärken zu tun, die manche Angler (vielleicht auch durch die völlig undifferenzierten Beiträge in Foren und Zeitungen) leider auch oft zum Hechtangeln verwenden. Ob die angeblichen FC-Wundermaterialen tatsächlich speziell fürs Hechtangeln entwickelt wurden, will ich an der Stelle gar nicht beurteilen. Mich persönlich würde das aber wundern. Der hohe Durchmesser bringt vor allem eine gewisse Hechtsicherheit und keine Zauber FC-Formel.
Ich persönlich setze hin und wieder auch ein FC-Vorfach zum Hechtangeln ein und zwar das Seaguar Flouro PREMIER in 80 lbs. Das ist ein sehr abriebfestes Leadermaterial mit rund 0,80 mm Durchmesser. Der Hersteller ist m.E. führend und hat Knotenfestigkeit und Haltbarkeit im Verhältnis zum Durchmesser ziemlich optimiert. Für Barschköderchen ist es natürlich zu dick, wenn man es einmal strafft, finde ich es aber nicht zu steif für normale Hechtköder. Ich habe damit bisher keinen Hecht verloren und halte das auch für ziemlich unwahrscheinlich. Ein gewisses Restrisiko gibt es aber immer, das gibt es aber leider auch mit anderen Materialien. Ich gehe dieses vorhandene Risiko ein und würde diese Einstellung auch nicht ändern, wenn ich mal einen Fisch von Hunderten verliere, weil ich dann zur Sicherheit auch nach jedem Angeln die Hauptschnur wechseln müsste, nach jedem Biss jegliches Vorfach wechseln müsste (könnte ja beschädigt oder geknickt sein), keinen Zusatzdrilling verwenden dürfte usw. Auch mit Stahl oder Titan habe ich schon Hechte verloren.
In anderen Fällen setze ich nach der Geflochtenen lieber etwas dünneres FC ein und vor dem Köder dann wieder ein dünnes Titaniumvorfach oder Stahl. Damit ist dann die sichtbare Linie von Geflochtener, zu Titanium/Stahl zum Köder durch das FC-Zwischenstück unterbrochen, was in vielen Fällen schon ausreicht. Gerade beim Barschangeln gibt es für mich keinen Grund, dass man vorm Köder nicht zumindest 20cm dünnes Titanium (da präferiere ich klar das BOA) oder dünnen Stahl schaltet. 20cm ist zwar kurz, aber immernoch besser als wenn die Leute ganz darauf verzichten. Barschangeln mit dünnem FC als Vorfach finde ich jedenfalls nicht mehr OK, schon gar nicht mit Wobblern. Aber auch das habe ich schon mal gemacht bei kleinen Finesseköpfchen mit Miniköder. Und leider beißen dann auch Hechte, insofern besser grundsätzlich eine Stahl- oder Titaniumspitze montieren. Wenn man für den eigenen Kopf was braucht (Sichtigkeit vermindert Bisse), dann ist die letztgenannte Variante allemale besser als irgendeine mittelstarke FC-Variante, die dann weder für Barsch/Zander ideal ist, noch den Hechten standhält.
Daher finde ich es auch bei derartigen Reizthemen stets besser, sachlich zu argumentieren und den Leuten Hinweise und Hilfestellung zu geben als sie zu verteufeln. Damit wird man gar nichts bewirken, denn niemand ändert seine Einstellung durch Beschimpfungen. Das gilt übrigens auch für C&R.
Wenn bei Person X noch kein Hecht mit mittelstarkem FC verlorengegangen ist und bei Person Y noch kein Stahlvorfach gerissen ist, dann hat es mit Glück zu tun und gleichzeitig hat derjenige sich womöglich auf seinen Fall halbwegs gut spezialisiert. Das ist dann aber jeweils noch längst kein Grund, die eigene Erfahrung jedem x-beliebigem Angler zu empfehlen. Viele scheitern sowohl beim Bau eigener Stahlvorfächer, Titan ist womöglich noch etwas komplizierter und auch bei FC gibt es Dinge zu beachten.
So gibt es genug schrottige Stahlvorfächer mit Minderwertigen Komponenten fertig zu kaufen, daher ist es Unsinn den Leuten zu erzählen, Stahl sei immer das Mittel der Wahl. Auch da sollte man Tipps geben, was genau man mit Stahl oder Stahlvorfach meint. In der Praxis der durchschnittlichen Raubfischangler wären geeignete FC-Vorfächer mit 0,80-1 mm Stärke vermutlich sogar idiotensicherer und damit hechtsicherer als zu dünne Stahlgefechte oder dünnes Titanium im Eigenbau mit unpassenden Quetschhülsen oder dem falschen Werkzeug. Trotzdem würde ich keinesfalls für FC beim Hechtangeln werben, sondern es sollte gewissen Situationen vorbehalten sein und dann auch richtig verwendet werden.
Machen wir uns nichts vor. Wenn wir Heilige sein wollen, müsssen wir das Hobby an den Nagel hängen. Wie pieksen die Fische, egal mit welchem Vorfach. Restrisiken geht jeder ein (siehe oben), man muss diese m.E. jedoch zumindest sehr stark minimieren und die Dinge sollten diffenziert betrachtet werden.
Was mich jedoch wirklich aufregt, sind kurze Hardmono- oder FC-Vorfächer aus billigem weichen Material in dünnen Stärken, die in Angelläden mit den grinsenden Gesichtern bekannter Angler als Raubfischvorfach verkauft werden.
Sowas ist aus meiner Sicht wirklich kritikwürdig, aber nicht automatisch der Einsatz dicker FC-Vorfächer beim Hechtangeln. Wer sich Gedanken um Sichtigkeit macht, nimmt als Alternative dann womöglich ansonsten zu dünne Stahl- oder Titaniumvorfächer, was dann auch nicht besser ist.
In diesem Sinne
Stephan
PS: Im Zweifel gibt´s ja noch fertige Finn-Tastic Titanium-Vorfächer aus Kanada, bei denen mögliche Schwachpunkte der Titanum-Eigenbauten beseitigt wurden ;-)