Winterbarsche oder wieso tue ich mir das an?

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StephenFly

Echo-Orakel
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Da der Beitrag hier nicht sooo viel Gehalt hat, bitte ich darum ihn einfach als eine Art Motivationsspritze für harte Schneidertage zusehen oder vielleicht dafür zu Sorgen das sich jemand voller Elan ans Wasser stürzt...
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Wie jeden Winter seit ein paar Jahren, fange ich irgendwann an „Hummeln im Hintern“ zu Entwickeln. Es wird kalt, die Nächte länger, die Zanderangelei in der Dunkelheit immer spannender. Und obwohl ich das wirklich gerne tue, reizt mich eine Sache zu dieser Zeit ganz besonders. Die Jagd auf die größeren Barsche, damit meine ich die +40 oder eher sogar +45cm langen Exemplare. Die Angelei „nervt“, ständig ist einem kalt und die Frage nach einem Fang beantwortet man in 9 von 10 Fällen mit einem gebrummelten „Nichts!“ Und dann kommt der Tag, die Sonne scheint, die Schnur friert so gerade eben nicht an den Ringen Fest. Man macht den ersten Wurf, auf den ersten 20m, die man langsam den Krebs hat schleifen lassen passiert nichts. Da man zu der Zeit keinen Stress hat, legt man alles einfach zur Seite, dreht sich gemütlich seine Zigarette und inhaliert den ersten Zug. Man nimmt die Rute und Fühlung wieder auf, schleift den Köder langsam über den Boden, 5m vor dem Ufer lässt man das ganze 20 Sekunden liegen, bei Nummer 21 macht es plötzlich „patsch“! Die Schnur auf leichter Spannung, beginnt sich zu Bewegen und zieht parallel zum Ufer entlang, ein Beherzter Anhieb wird mit starker Gegenwehr beantwortet. Kurze Zeit später liegt ein Prachtexemplar im Netz, 46cm lang und wunderschön gefärbt, die 3inch OSP Craw am Offset Haken, sitzt sauber im Maulwinkel. DAS kann man mal Start nach Maß nennen! An und für sich könnte ich nun gehen, ich weiß ganz genau: Das wars! Für viele Tage oder Wochen war das mein Moment. Am richtigen Spot, zur richtigen Zeit. Das ich vorher einen Monat lang jeden Freitag, Samstag und Sonntag nicht einen Zupfer kassiert hatte, hallte nur leise in meinem Hinterkopf und dass dies die kommenden Wochen so weiter gehen würde, war sicher.
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Diese Angelei am Rhein ist alles aber ganz sicher nicht einfach und erfordert ein Hohes Maß „Schmerz“toleranz. Zu derselben Zeit könnte man auch (sollte der Wasserstand / Trübung passen) Zander angeln gehen und würde sicher, den einen oder anderen erwischen. Hier entscheidet sich aber schon ob das ganze klappen oder ein Reinfall wird. Lässt man sich ablenken von einfacheren „Zielen“, hat man schon verloren. Ich weiß nicht, wie oft ich mich gefragt habe, was ich da gerade eigentlich tue und ob nicht gerade irgendwo anders ein Zander am Band doch eine schöne Alternative wäre. Eben geschilderte Situation lässt einen dies aber schnell wieder vergessen. Im Kopf beginnt das scheitern. Wir sind nicht in den Niederlanden mit seinen tollen Beständen (und auch dort gibt es bei der Angelei Schneidertage), heißt für uns: Durchziehen! Gerade der Start ist wirklich hart, bis das erste Mal so ne fette Murmel am Haken hängt, weiß man nicht, ob der Plan funktionieren wird und sich diese mittlerweile in Nl populäre Angelei übertragen lässt.
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Ich weiß noch das mein Kollege und ich extrem starke Zweifel hatten, so gut wie niemand fischt hier so zu der Jahreszeit und uns ist auch am Wasser noch niemand begegnet. Heißt man muss vieles für seine Ecke selber herausfinden (für mich persönlich hat dies einen riesigen Reiz). Macht es aber nicht einfacher. Gerade die richtige Spot Wahl bzw. das finden einer solchen ist schon so eine Sache. Deckung, Struktur, Futterangebot. Bei meinem ersten, war es der Pure Zufall. Hochwasser zwang mich dazu einen bestimmten Spot anzugehen und nach 10 Würfen klingelte es tatsächlich.
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Bis dann alles Spruchreif und einer Überprüfung standhielt, dauerte es aber noch. Bestimmte Situationen und Methoden kristallisierten sich heraus und das Vertrauen wuchs. Diesen Punkt kann man wirklich nicht genug betonen, ohne Vertrauen in, dass was man da gerade tut, geht es einfach nicht. An dieser Stelle kann ich nur empfehlen sich das entsprechende Material der Fisch&Fang bzw. von Birger Domeyer anzusehen und zu verinnerlichen. Die ganzen Artikel zu den Themen „Grundel im Baggersee“, So fängt man mit Krebsen“ und ähnliche sind absolutes Gold wert. Diese haben einen großen Anteil an den Fängen. Mein Dank für die Beiträge ist daher auch dementsprechend groß.
Weiß ich aus der Vergangenheit von einem Spot, an dem es Fisch gab, kratze ich diesen mit einem Krebs am C-Rig aus. Kommt im Laufe des Tages irgendein Dickbarsch an uns vorbei, mit der Methode und Präsentation klappt es! Hier würde ich vor allem die 3inch Varianten der OSP Dolive Craw, sowie die D-Craw von Lurejunks empfehlen. Beide diese Typen haben etwas Luft in den Scheren-Kammern und somit stellen sie diese auch etwas auf. Wirkt bei dem extrem langsam geschleife einfach etwas Lebensechter. Zudem gilt, lange Pausen sind kein Thema, wie weiter oben erwähnt auch durchaus mal 30Sekunden. Ein Wurf darf ruhig mehr als 5 Minuten lang dauern. Dies ist aber auch der Grund weswegen ich die Methode nur dort empfehle kann, wo man weiß das schon mal ein größerer Barsch kam. Ansonsten suche ich mir mehrere exponierte Stellen, welche ich dann nach und nach abklappre, sind die Fische vor Ort folgt ein Biss in kürzester Zeit. Und sonst heißt es: Suchen, suchen und suchen! Es bleibt einem nichts anderes übrig. Ein erster guter Anhaltspunkt ist Struktur in unmittelbarer Nähe zum Ufer: Steine, alte Wasserpflanzen, Äste und so weiter. Wir wollen die Barsche die Dicht unter Land stehen und nicht irgendwo in Tiefen von 8, 9 oder mehr Metern stehen. Gibt es im Winter Tage, an denen die Sonne nach langer trüber Zeit scheint, heißt es raus und ab dafür.
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Wenn das Wasser wirklich kalt ist, wird viel Licht immer wichtiger, das bisschen Energie was am Ende im Wasser ankommt, scheint auszureichen, um für knurrende Mägen zu sorgen.
Für was ich Garantieren kann, ist übrigens das man sich an diese Barsche sicherlich am längsten und mit dem verklärtesten Blick erinnert wird. Hat man 4 Wochen am Stück nicht einen Zupfer gehabt und landet dann plötzlich so ne fette Murmel, bleibt dies natürlich hängen.
Ich weiß noch ganz genau wie ich zu meinem bislang Größten Barsch gekommen bin. Mein ähnlich Barsch Verrückter Kumpel hatte an dem Tag etwas früher frei und war dementsprechend schon seit guten 30-40minuten dabei. Die Sonne schien, ein leicht erhöhter Pegel und etwas Wind wehte. Beste Voraussetzungen um seine Grundel / Wurm-imitation an der Strömungskante zu präsentieren. Bei meinem 5 Wurf spürte ich einen kaum Wahrzunehmenden Biss auf beinahe voller Distanz. Anhieb und hing! Mir fielen bei Erstsichtung der runden Murmel fast die Augen aus dem Kopf und das fast Beste? Hinten dran kam ein noch beinahe genauso großer Artgenosse hinterher! Meinen Kumpel dazu antreibend schnell zu werfen, kümmerte ich mich um meinen Fang. Bis ich mit diesem soweit fertig war, hatte mein Gegenüber tatsächlich schon den nächsten Fisch im Drill. Viel geiler kann man so eine Nummer und das im Winter am deutschen Rhein einfach nicht erleben. Zumal ich einen Barsch mit solchen ausmaßen (+49cm), einfach unglaublich rund und hochrückig bis dahin noch nicht gesehen hatte.

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Vielleicht führe ich das Thema hier noch ein bisschen weiter über den Verlauf diesen Winters. Der letzte war leider sehr mau was die Angelei anging, dürfte aber zum Großteil den Bedingungen geschuldet gewesen sein. Erst im Februar gab es wieder Kontakt zu den gestreiften Jungs, dafür dann aber auch direkt 2 wirklich schöne. Ich hoffe der Text hier wird als Motivation verstanden, für die einigen wenigen die sich jetzt raus quälen, ihr Ding durchziehen und sich nach der 8ten Schneidertour fragen: „Was tue ich hier eigentlich?“ Ich fühle mit euch!
Ansonsten schaffe ich es hoffentlich Richtung Weihnachten zu 1-2 Touren nach Holland, für genau diese Angelei. Ich bin echt sehr gespannt, ob ich dort irgendwas erwischen kann.
 
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Mohrchen

Barsch Vader
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Sehr, sehr guter Beitrag! :emoji_thumbsup:

Kleiner Wehrmutstropfen, aber keine Kritik: Serifenschrift für den Ausdruck in Papierform und Nicht-Serifenschrift für den Bildschirm - liest sich einfach besser.
 

Pabstat

Dr. Jerkl & Mr. Bait
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Ja danke, jetzt muss ich C- Rig Gedöns kaufen. Toller Beitrag, der motiviert, merci.
 

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