Bass Wenn (fast) alles Basst – Die Revanche (I): Anlaufschwierigkeiten


Worauf hat man sich zu Schulzeiten am meisten gefreut? Richtig – auf die Sommerferien. Daran hat sich auch im zarten Alter von 26 nicht viel geändert, außer dass sich die Zeitspanne der „portionierten Freiheit“ verdoppelt hat – Studium sei Dank… Der Durst nach Angelabenteuern hat das einstige Verlangen nach hirnlosen Partyurlauben restlos verdrängt, sodass die 3 heiligen Sommermonate ganz im Zeichen des schönsten Hobbys der Welt stehen. Reiseziele und potentielle Traumfische gibt es reichlich, Geld leider nicht. Aus der angekündigten Baitcastercombo wurde bis heute nichts, Grüße gehen raus an BaWü-Blitzer-Parasiten und die Rundfunkgebühren-Mafia…

Auf einen Urlaub zu verzichten, kam trotz des knappen Budgets nicht in Frage, schließlich garantiert mir in Zukunft keiner finanzielle Sorglosigkeit und vor allem ausreichend Zeit. Gut durchdacht, lässt sich auch mit wenigen Mitteln verhältnismäßig viel erreichen. An dieser Stelle also ein kleiner Aufruf an All jene die auf den „richtigen“ Zeitpunkt warten: Machen, nicht grübeln! Packt jede noch so kleine Gelegenheit beim Schopf, wenn es um eure Leidenschaft geht. Lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig.

Genug der Hobbyphilosophie, zurück zum Wesentlichen: Wer meinen Frühjahrsroman gelesen hat weiß, dass es noch eine Rechnung mit den italienischen Großmäulern zu begleichen gab. Um einen Fisch auf der Speicherkarte und viele Erfahrungen reicher, kehrte ich damals aus Italien zurück. Seitdem verbrachte ich mehr als die Hälfte einer jeden Woche an meinen neuen Hausgewässern (mit langsam, aber stetig wachsendem Erfolg) und konsumierte häppchenweise digitale Hirnnahrung zum Thema „Blackbass“.

Da die Channels der Amis  nicht gerade rar gesät sind, galt es Nützliches von (vorerst)  Überflüssigem zu trennen und in die Italien-Planung mit einfließen zu lassen. Dabei war es wichtig, die eigenen Fehler von letztem Mal zu reflektieren und eine grobe Strategie zu entwickeln, um sie beim zweiten Versuch zu vermeiden. Zweifel und Unsicherheit sind des Anglers schlimmster Feind. Nichts bringt einen so sehr um den Fang, wie die eigene Psyche. Um diese Hirngespinste zu eliminieren, sollte man sich ein halbwegs solides Theoriewissen aneignen, dass einem schlüssig und „rund“ erscheint. Was davon in der Praxis zu 100 % „richtig“ ist, lässt sich nur schwer sagen, entscheidend ist die eigene Überzeugung. Glauben ist (ein wenig mehr als) die halbe Miete. Alles andere ergibt sich durch praktische Erfahrung.

Was lief also letzes Mal (Man on a Mission: Die ASSion Ricki) schief?

Unangefochtene Nr.1: Die Jahreszeit!
Schwarzbarsche lieben Wärme, erst recht in unseren Breitengraden.
Den zweiten Trip auf Anfang August anzusetzen war somit schon mal der erste Schritt zum Erfolg.

Nr.2: „Blind Date“
Sich das erste Mal an völlig unbekannte Gewässer zu wagen ist nie einfach, erst recht nicht wenn die zu beangelnde Fischart ebenfalls Neuland ist. Nachdem wir uns letztes Mal die Strukturen der beiden Seen (Alserio und „Krater“, siehe erster Bassbericht) eingeprägt hatten, galt es auf alle dort möglichen Situationen vorbereitet zu sein. Kombinationsmöglichkeiten gab es viele:

aktive Bass – in Ufernähe; passive Bass – in Ufernähe; aktive Bass – im Freiwasser; passive Bass – im Freiwasser; aktive Bass – im Cover (wobei es auch da zu differenzieren gilt…); passive Bass – im Cover. Usw. usw. usw….

Bei einer Angelzeit von weniger als einer Woche, sollte man allerdings schauen, dass man diese „Verhaltenscodes“ relativ schnell knackt, da sonst ein bitterböser Blank droht.
Und so wurden die Stichwörter „Catching Bass in Summer“ nicht nur einmal durch die Youtube-Suchleiste gejagt.

Nr. 3: Korrekte Köder!
Die für nötig erachteten Tacklebestellungen, richteten sich dabei nach einer gesunden Mischung aus Intuition, bisherigen Erfahrungen mit heimischen Fischen und „Der Typ im Video hat damit gefangen“. Ob Schwarzbarsche dazu tendieren, sich zur jeweiligen Jahreszeit auf eine bestimme Beutegröße zu versteifen oder bedingungslose Oppurtunisten sind, lässt sich in meinen Augen nicht so leicht beantworten. Ich denke, das hängt in erster Linie vom Gewässer und dem darin vorkommenden Nahrungsangebot ab. Des Weiteren entscheidet der von den Tieren bevorzugte Standplatz über deren kulinarische Vorlieben. Dass der Einsatz eines Topwater-Frosches im Seerosenfeld mehr Sinn macht als inmitten eines Freiwasser-Köfi-Schwarms, ist selbstredend.  Prinzipiell verschlingt ein Schwarzbarsch alles was ihm vor die Luke kommt, die Frage ist nur: Wie wählerisch sind die (relativ stark befischten) Barsche der norditalienischen Voralpenseen?

Unsere größten Hoffnungen setzten wir in Krebsimitate und 3-5 inch Gummis am Texas Rig. Das Überangebot an Krustentieren, war uns vom März in Erinnerung geblieben und der einzige Fisch, der sich damals zum Landgang überreden ließ, war auf einen Krebs am Skirtedjig rein gefallen. 4 verschiedene Crawfishsorten, von denen Ruben und ich jeweils die Hälfte untereinander tauschten, sollten diese Sparte ausreichend abdecken.  Dunkle und natürliche Farbtöne, schienen im Hinblick auf die Wasserklarheit sinnvoll und werden auch von den Amis in den meisten Fällen bevorzugt. Leichte Blau- oder Rotnuancen in Form von Glitzerpartikeln sind dabei nicht verkehrt.

Bei den Gummifischen entschloss ich mich dazu, keine großartigen Experimente zu machen und erweiterte mein bescheidenes Arsenal an Easy-Shinern, Swing-Impacts und Co. um ein paar Päckchen. Dabei stieß ich im Zuge meines Kaufrausches auf eine mir bis dato unbekannte Spezies des Camo-Komsos, ebenfalls aus dem Hause Keitech: den Mad WAG. Optik, Bauchgefühl und Kurzbeschreibung versprachen DEN perfekten Bassbait. Mit 7 Inch interessant genug für die Big Mamas, ohne dabei halbstarke Gierschlunde auszuschließen. Universelle Einsatz- und Montagemöglichkeiten, sowie zuverlässiges Arbeiten bei langsamster Führung, machten ihn zu meinem Geheimfavoriten. Welchen Shads man letztendlich vertraut ist Geschmackssache, ich denke, so gut wie alle Modelle renommierter Hersteller bringen den gewünschte Erfolg, wenn man ihnen eine Chance gibt.

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Da Sommer bekanntlich Topwaterzeit ist und Schwarzbarsche den Ruf genießen proteinhaltige Leckerbissen in Form von Amphibien, Reptilien und Insekten von der Oberfläche zu fegen, durften entsprechende Imitate natürlich nicht fehlen. Der Daiwa D-Frog in 2 verschiedenen Farben, ein Pack Noisey Flapper, sowie der Water Mocasin von Illex in der Farbe „Aggressive-Bass“ sollten in den oberen Wasserschichten die Stellung halten. Als die Frösche vor mir lagen, war das Kopfkino von explodierenden Wassermassen und Handballgroßen Bassmäulern, in deren Tiefen besagte Baits auf Nimmerwiedersehen verschwinden, kaum zu bremsen. Aber alles zu seiner Zeit…

Was meine Jokertaktik angeht, gefiel mir die Vorstellung eines Gummiwurms an der wohl denkbar einfachsten Montage der Welt: Dem Wacky-Rig. Eigentlich fast schon eine Frechheit, der elementarsten Beköderungsmethode einen Extra Namen zu geben und sie auch noch in die Finesseschublade zu stecken. In Kombo mit Nailweights oder einem entsprechenden Tungstenjig vlt. noch vertretbar, bei einem Haken an freier Leine – wie in meinem Fall –  durchaus ein Grund zum Schmunzeln. Wacky hin, Wacky her: Ein 1er Haken mit relativ weitem Bogen, wird so durch den Wurm gestochen, dass die Absinkaktion möglichst verführerisch wirkt (Das sollte nach Modell und eigenen Vorlieben individuell entschieden werden). Zusätzlich fixiere ich den Bait mit zwei x-förmig angeordneten Gummiringen um bestmögliche Haltbarkeit zu garantieren.  So steht der Haken im Lot zum Köder und greift mit 100%iger Sicherheit im Fischmaul, anders als beim Anbringen längst zur Köderachse. Um gleich eins vorweg zu nehmen: Ich habe so jeden einzelnen Biss verwertet (Kurzes Warten vorausgesetzt).
Ich beließ es bei 2 verschiedenen Modellen: 1. Reins Swamp – günstig und vom Look her das, was einem stinknormalen Regenwurm sehr nahe kommt.
2. Die sagenumwobenenen Senkos von Gary Yamamoto, dem Godfather of Bassfishing.

Ein paar vertrauenswürdige Vertreter der Harbaitfraktion durften für den Fall von Suchaktionen und Freiwasser-Feeding-Frenzies natürlich auch nicht fehlen. (An dieser Stelle nochmals Danke an Johannes kleine Spende).

Ein Chatterbait und zwei Spinnerbaits (Grüße an Pikehead <3) sorgten für die obligatorische Prise „USA“ in meiner Tacklebox und fungierten als Sondereinsatzkommando im Falle eines Nachtangriffs oder unerwarteter Gewässertrübung.

Rubens Ködersammlung gestaltete sich etwas sparsamer, jedoch bis auf paar Unterschiede ähnlich.

Bullets, hatten wir sowohl Tungsten als auch Blei im Gepäck. Sich eine seriöse Tungstenauswahl anzuschaffen, war nicht mehr in unserem Budget und so beschlossen wir, die vermutlich „wichtigsten“ Gewichte aus Wolfrahm parat zu haben. 1,8 g. (für langsames Fischen mit kleinen Ködern), 3-5 g. (Für Krebse und Größere bzw. zackig geführte Köder ) und 10 g. (Für tiefe, grundnahe Präsentation)

Des Weiteren besorgte ich uns flexible Jigheads aka Cheburaschka-Köpfe in 5 und 10 g, die wir – je nach erforderlicher Situation und Ködergröße – mit entsprechenden Offsethaken versehen konnten, ohne dabei ständig die Gummis zu beschädigen oder sündhaft teure Offset-Jigheads kaufen zu müssen. Ursprünglich wollten wir daraus Skirted Jigs basteln, was sich aber als äußerst undankbare Aufgabe erwies. Ohne „Zwischengelenk“ in Form eines Wirbels, No Knots,  o.Ä. war das auf Grund der fehlenden Klebefläche für die Silikonfäden nicht möglich. Zeit für Alternativen blieb keine. Und so wurde dieses Vorhaben nach ein paar notdürftig zusammengefummelten Prototypen auf Eis gelegt.  Fairerweise muss ich dazu sagen, dass ich was handwerkliches Geschick angeht, 2 linke Hände besitze (Ruben ist da ein wenig versierter) und ein paar von euch das sicher besser hinbekommen hätten. Für nächstes Mal weiß ich: Entweder die Bittere Pille des Preises pro „Gummizottel“ schlucken oder rechtzeitig um geeignetes Material kümmern. Die Cripple-Jigs jedenfalls, weckten kein großes Vertrauen in mir und so rückte der Köder, von dem ich mir Anfangs am meisten versprochen hatte von Platz 1 auf den untersten Rang meines Schlachtplans.

Eine Spule 30er und 40er Fluo, sowie 3 verschiedene Snap-Größen rundeten das Kleinkramarsenal ab.

Da jetzt ohnehin schon mehr Fachchinesisch als mir lieb ist, den Weg aufs „Papier“ gefunden hat, fasse ich mich was das Setup angeht kurz:
3 Ruten –  WFT Penzill ( 2,10m ; 4-17g) fürs Spinnfischen,
Jackson STL Pro Trout Lite (2,05 m ; 2-17g) fürs Krebsln
und ein „Schrott-Stock“, der seine lausigen 35 Euro aber durchaus wert ist: Sänger Iron Claw Fast Bass (1,95m 3-15g) zum Anbieten des Wacky-Wurms.

Prinzipiell kann man sagen, dass 0,08er – 0,12er Braids völlig ausreichen (würden), WENN… der Schwarzbarsch nicht so ein Coverjunkie wäre…

Je nach Hindernisart und -Dichte, würde ich – über den Daumen gepeilt – hochwertiges 0,15 – 0,25er Geflecht an straffer Rute (50, 60 g WG) empfehlen, mit ner ordentlichen „Fluo-Wurst“ als Schock-Leader. Filigran ist anders, aber wenn man sich die Behausungen der Großmäuler mal anschaut, beantwortet sich die Frage nach dem Warum von selbst. Des Weiteren, kann man den Fisch durch schnelles Heranpumpen besser von seiner Luftakrobatik abhalten, die einen nicht selten mit Verlusten bestraft.

Im Zuge meiner perfekten Vorbereitung, hatte ich natürlich keinen passenden Stecken für diese Situation (Erneut Grüße an GEZ und Co.), lediglich ein paar Statiorollen vom Hechtfischen, gefüllt mit dicker Braid, lagen für den Notfall bereit. Wenn möglich, wollte ich es aber vermeiden die Harmonie meiner vergleichsweise feinen Ruten durch das Anschrauben der „Klötze“ zu stören, schließlich sollte das Angeln auch mit kleinen, leichten Ködern noch Spaß machen. Und da das Wasser in beiden Seen sowieso glasklar ist, war die feinere Methode zu bevorzugen.

Startschwierigkeiten

Da unser genaues Reisedatum, auf Grund organisatorischer Komplikationen (Grüße an meine FH) bis einige Wochen vor Abfahrt noch in den Sternen stand, sorgte die Antwort auf die Buchungsanfrage für ein Bungalow bei Riccardo (selber Camping-Platz wie im März) für zittrige Knie. Leider seien alle Ferienhäuser restlos belegt, lediglich einen Stellplatz könne er uns anbieten. Da mein Karpfenequipment im Keller meiner Mutter in Augsburg fleißig Spinnweben sammelt und Ruben outdoortechnisch eher mager ausgestattet ist, waren ein paar Quadratmeter Wiese keine wirkliche Option, schon gar nicht im August. Egal ob Sonnenschein oder Regen – wetterbedingtes Leiden wäre in jedem Fall vorprogrammiert. Sauna, Mosquito-Massaker oder „Regenspermien“ beim herabkullern beobachten, während rote Ameisen es sich unter der Isomatte gemütlich machen. Das alles kann ich auch hier beim Karpfenfischen haben, extra nach Italien brauche ich dafür nicht zu reisen. Und so durchstöberte ich Google Maps & Booking.com nach einer geeigneten Bleibe.

Um euch diese Hotel-Odysee zu ersparen: Die in Frage kommenden, umliegenden Orte, schmeißen nicht gerade mit tauglichen Unterkünften um sich… Campingplätze gibt’s bis auf den von Riccardo keinen, Herbergen und günstige Rbnb Hütten sind wie Lachse im Rhein. Hotels sind entweder sündhaft teuer oder schnell ausgebucht. Ergo: Kümmert euch so früh wie möglich um ein Bungalow bei Riccardo, zumindest innerhalb der Hauptreisezeit.

Doch wie das Schicksal es so wollte, spuckte Booking.com ein letztes verfügbares Zimmer einer B&B Pension im Örtchen Albavilla aus. Für 200 Euro pro Nase, sollten wir eine annehmbare Bude mit Garten und Seeblick 5 Nächte lang unser Eigenen nennen dürfen. An dieser Stelle würde ich das Intro gerne beenden und ENDLICH zum Hauptteil übergehen, aber die Absurdität unseres Check-In Prozesses ist ein paar Zeilen wert, wenn nicht zur Unterhaltung, dann wenigstens zu eurem Wohl…

Das Geisterhaus

Da unsere Ankunft leider auf den Sonntagmorgen fiel, sollte sich der Erwerb der Angellizenzen auf  Montag verschieben. Nichtsdestotrotz probierte ich mein Glück und schrieb dem Hotelanbieter eine Mail, in der ich nach einer Möglichkeit fragte, die Erlaubnisscheine im Vorfeld für uns zu organisieren. Eine Antwort bekam ich nicht. Als ich eine weitere Mail verschickte, in der es um die Kosten für die Nutzung der Küche ging, kam die Antwort schneller als ein Rapfenbiss im Hochsommer. Läppische 15 Euro pro Tag würden sie für den Gebrauch ihrer neuen Herdplatten verlangen…Alles klar. Als ich dankend ablehnte und unsere Koch-Enthaltsamkeit versicherte, kam ein liebevolles „OK“ zurück. Immerhin…

Laut Booking.com wäre der offizielle Check-In um 10:30, bei Bedarf auch früher. Tip-Top dachte ich mir und gab 9 Uhr als geschätzte Ankunftszeit an. Checkout-Zeit war 20 Uhr – Ebenfalls geil: so konnten wir den letzten Tag noch entspannt zur Hälfte auf dem Wasser verbringen und dann in Ruhe zusammenpacken.

Nach einer halbwegs angenehmen und staufreien Nachtfahrt (diesmal ohne bittere Tackle-Vergessen-Erkenntnisse) kamen wir bei leichtem Regen und milden Temperaturen um kurz vor 9
ans Ziel. Hübscher Ort, dieses Albavilla, enge Gässchen, alte Steinmauern und Häuser die auf ein sorgloses Leben schließen lassen. Hier lässt sich‘s entspannen…Vorausgesetzt man kommt ins Haus!

Durchnässt und übernächtigt, standen wir vor einem verschlossenen Tor – von Menschen weit und breit keine Spur. Das einzige was stimmte, war die Hausnummer. Also paar Mal bimmeln…Keine Antwort. Ok. Telefonnummer raussuchen, anrufen, Tuut…tuuut…..tuuut. Na gut, dann auf ein Neues um halb 11, vielleicht ist das mit der früheren Ankunft irgendwie untergegangen. Voller Vorfreude auf die kommende Woche, beschlossen wir einen Abstecher an den Alserio zu machen und bei einem gemütlichen Morgenbier das Wasser unter die Lupe zu nehmen. Wir hatten das Gefühl diesen Ort gar nicht verlassen zu haben, die bittere Niederlage vom März fühlte sich erschreckend frisch an.

Doch von negativen Gedanken, blieb nach dem ersten Blick aufs Wasser nicht viel übrig: Dutzende Baby-Blackies tummelten sich in der knietiefen Brühe, einige „bessere“ Exemplare standen seelenruhig zwischen den Halmen. Ein lauter Schmatzer aus den Tiefen des Schilfs ließ uns ordentlich zusammenzucken, ein paar Sekunden später glitt ein Schwarzbarsch von ca. 35 cm aus dem Dickicht und renkte gemütlich seinen Kiefer wieder ein. „Schien wohl ein ordentlicher Happen gewesen zu sein…“. Am Rande der 20-50 m breiten Seerosenfelder klatschte es im Minutentakt, nichts Kleines, soviel stand fest. Egal wohin man sah, deformierten Ringe und Flossenspitzen die ansonsten Spiegelglatte Wasseroberfläche. Wir waren tot, der See lebte. Den Sonntag durchzustehen, ohne in Versuchung zu kommen, heimlich eine Rute mit aufs Belly zu schmuggeln, dürfte vom Empfinden her einer 10 jährigen Isolationshaft gleichen.

Voller Euphorie fuhren wir zurück zur Villa, um den unangenehmen Teil endlich hinter uns zu bringen, doch bis auf den abklingenden Regen hatte sich nicht viel geändert… Nach wie vor schien es keiner für nötig zu halten, auf die Klingel zu reagieren, also wieder ab ans Telefon… Und tatsächlich, es meldete sich jemand zu Wort. Nur leider verstand ich keins davon. Wie so oft in Italien, war Englisch das Messer bei einer Schießerei und nachdem ich dem redefreudigen Herren am anderen Ende der Leitung versucht hatte, mein Anliegen näher zu bringen (dass wir angekommen waren, hatte ich sogar noch auf italienisch hinbekommen), konterte er mit endlos langen Sätzen in seiner Muttersprache, woraufhin wir das Gespräch (so glaube ich) einvernehmlich beendeten. Gegen Ende meinte ich das Wörtchen „minuti“ rausgehört zu haben, was in unserem Zusammenhang eigentlich nur Gutes Bedeuten konnte. Zum Beispiel eine gute weitere Stunde Wartezeit.

Dann endlich die Erlösung: Ein aufgedrehter, solariumgebräunter Typ mit dem Look eines Kleinstadtzuhälters sprang aus dem Pickup und streckte mir sein Smartphone ins Gesicht. Wie sich herausstellte, war die Übersetzerapp unsere einzige, halbwegs vernünftige Kommunikationsmöglichkeit und so begann eine ziemlich absurde Diskussion, deren Inhalt sich durch mangelhafte Dolmetscherskills seitens der Roboterdame langsam aber sicher zu einem verbalen Haufen Scheiße entwickelte. Doch die für uns wichtigen „Maiskörner“ ließen sich aus besagtem Scheißhaufen herauspicken. Nur leider waren sie nicht besonders lecker: Bis 13 Uhr sollten wir uns noch gedulden, das Zimmer sei noch nicht fertig. Netterweise bot Pimp Daddy uns an, die Zeit in seinem Restaurant zu verbringen, das nur wenige Fahrminuten entfernt lag. OK dachten wir, bisschen Wärme und Stärkung in Form von Nahrung sind  nach einer durchzechten Nacht und klatschnassen T-Shirts nicht verkehrt, also ab ins Restaurant.

Oder besser gesagt davor. Pimp Daddy zeigte mit dem Finger auf seinen Laden, brabbelte im Rekordtempo irgendwas auf Italienisch (was vermutlich so viel heißen sollte wie „Ich bin gleich wieder da.“)  und verzog sich schneller als ein 25cm Gummi nach dem Auswurf bei Windstärke 10. Da standen wir nun. Nasse Klamotten, Schlafentzug und ein Schild mit Öffnungszeiten, die besagen, dass der Laden erst um 12 öffnet. Also erneut warten.

Nach einer gefühlten Ewigkeit betrat ein Mitarbeiter den Laden und verschloss die Tür hinter sich. Lichjahre später erschien endlich Pimp Daddy und bat uns hinein. Anstrengender als das Warten, gestaltete sich die Beherrschung des durch den Schlafentzug ohnehin strapazierten Lachzentrums im Lokal, wo uns ein goldener Thron mit geschätzter 2 Meter Rückenlehne als erstes ins Auge stach. Der Empfangsbereich des Restaurants glich mehr einer „Edel“steinhöhle als einer Bar, von mit rosa Strasssteinen besetzten Computermäusen bis hin zu verschnörkelten Dolchen und undefinierbaren Gebilden im Ed-Hardy-Style, war alles zugegen. Doch die Reizüberflutung hatte auch was Positives: Eine weitere halbe Stunde, in der King Sugar (So nennt er sich selbst; kein Scheiß; Name tauchte jeden gefühlten Quadratmeter in der Inneneinrichtung auf) weiß Gott was machte, verflog wie im Nu. Netterweise wurde uns ein Espresso angeboten, was wir als kleines Zeichen der Wiedergutmachung deuteten. Das Personal machte einen netten Eindruck und der Ofen sah ebenfalls vielversprechend aus, so dass wir beschlossen unseren Hunger mit einer hausgemachten Pizza zu stillen. Und wie überall in Italien abseits des Massentourismus, schmeckte sie auch dieses Mal, wie von Gotteshand gebacken. Mehr geht für 5 Euro wirklich nicht.

Das Tief nach der Mahlzeit, ließ (im Gegensatz zu King Sugar) nicht lange auf sich warten und alles was wir jetzt noch wollten, war Auto ausladen und Bude beziehen. Nicht so voreilig. Nachdem wir die Rechnung beglichen hatten (den Espresso haben sie uns eiskalt berechnet), ging es endlich an die Schlüsselübergabe. Die 400 Euro für die Unterkunft wollte ihre Majestät sofort, eine Rechnung bekämen wir „später im Haus“. Zusammen mit der Information, dass wir am letzten Tag nicht wie erwartet um 20 Uhr sondern um 10 Uhr morgens (!) die Räumlichkeit verlassen müssten, sorgte diese Ereigniskette langsam aber sicher für ein wachsendes Wutgefühl in der Magengegend. Ich bin kein großer Freund von kleinlichem Deutschtouristentum, wo ein Haar in der Suppe für rauchende Ohren sorgt, aber das war definitiv der Moment für einen erhobenen Zeigefinger. Wenn ich denn Italienisch könnte und den Nerv hätte, im komatösen Zustand zu debattieren…So entschied ich mich vorerst, brav aber skeptisch zu nicken und den weiteren Verlauf abzuwarten.

Endlich auf dem Grundstück angekommen, stellte King Sugar uns im Blitzdurchlauf die Bleibe vor: Riesiger Garten (tatsächlich mit Möglichkeit einen Blick auf den See zu erhaschen), großes Wohnzimmer, Bad mit dem Nötigsten und ein Schlafzimmer mit 3 gar nicht mal so unbequemen Betten.  Ziemlich geil!

Aber leider nur bis zum Moment, als es in die Küche ging. „Bed&BREAKFAST“ wurde so ganz schnell zu einer Halbwahrheit… Der Inhalt des Kühlschranks bestand aus 2 Restschlücken Milch und einer (man mag es kaum glauben) noch geschlossenen Mineralwasserflasche. Das Marmeladenglas war Eigentum des Königs, wie er per Zeigefinger unmissverständlich zum Ausdruck brachte. Vom versprochenen Toaster fehlte jede Spur, was unseren kompletten Essensplan über den Haufen warf, da wir die Herdplatten ja nicht (ohne 15 Euro am Tag zu entwenden) einfach so benutzen durften. Glücklicherweise hatte Ruben von seinen Eltern einen portablen E-Herd ausgeliehen bekommen, der uns letzten Endes davor bewahrte, rohen Toast zu futtern und einem Darmverschluss entgegen wirkte.

Und die Rechnung? Des Königs neuer Plan:“Meine Mutter kommt später Nachhause, dann bekommt ihr sie“… Leck mich doch. Meine Alarmglocken schrillten auf Hochtouren. Bis jetzt hat der Typ uns in jeder erdenklichen Hinsicht enttäuscht (Ok die Pizza war gut) und 400 Takken von uns kassiert. Irgendwie machte sich das Gefühl in mir breit, in eine bitterböse Falle ohne Ausweg getappt zu sein. Die schlafmangelbedingte Paranoia machte es nicht besser. Ruben schien auch skeptisch, versuchte mich aber in meinen Hirngespinsten zu bremsen. Also gut, erstmal ausräumen und abwarten, vielleicht wendet sich ja alles zum Guten…

Die verstaubten Porzellanpuppen und Fotoalben aus dem zweiten Weltkrieg, waren nicht besonders vertrauenserweckend, ebensowenig die in Schubladen aufbewahrten Ausweiskopien ausnahmslos deutscher Päärchen. Das laut Booking.com „letzte“ verfügbare Zimmer, entpuppte sich schnell als die einzige für Besucher in Frage kommende Räumlichkeit. Ein Blick durch die Fensterschlitze in den Rest des Hauses, sorgte ebenfalls für Stirnrunzeln. Puppen und verstaubte Figuren wohin das Auge reicht, alte, vergilbte Kulturbeutel mit vergammeltem Inhalt auf dem Fenstersims… Inspiration für einen Horror-Splatter gab‘s dort also reichlich. Umso besser schlief es sich in der ersten Nacht mit meinem Berkley Filitiermesser neben dem Bett.

Und bevor ich jetzt mögliche Erwartungen an eine blutige Schlacht im Geisterhaus wecke, fasse ich mich kurz und lass die Bombe platzen: Es hat sich alles zum Guten gewendet!

Am nächsten Tag bekamen wir die Rechnung (hat nochmal 2 Euro gekostet) und konnten endlich anfangen das zu tun, weswegen wir gekommen waren: Fischen und relaxen!

Weswegen ich euch das überhaupt erzähle?

a) Ich hatte Bock zu schreiben
b) Immer positiv denken
c) Geht auf Riccardos Campingplatz (camping-class.it) und NICHT ins „B&B Margot; Albavilla“, Sind zwar keine menschenschlachtenden Kannibalen, aber eben doch Halsabschneider :)

So und jetzt zum spannenden Teil!

Nachdem wir uns Montag-Morgen den erlösenden Postamtstempel abgeholt und samt Belly  durch den dornenbewucherten Steilhang gekämpft hatten, empfing uns der Krater (siehe erster Bassbericht) von seiner schönsten Seite: Sonnendurchflutetes, grünblaues, kristallklares Wasser und – das allerwichtigste – Leben! Das einst totgeglaubte Wasserloch hatte sich binnen weniger Monate in eine traumhafte Oase verwandelt, die mit Algenteppichen, Schilfgürteln, Krautzonen, Köfischwärmen und einem wunderschönen Seerosenfeld am anderen Ufer keine Wünsche offen ließ. Wahnsinn, was so ein Jahreszeitenwechsel alles anrichten kann…

 „Mein erster „Fang“ – Viel Glück Kleine, du wirst es brauchen...“
Mein erster „Fang“ – Viel Glück Kleine, du wirst es brauchen…

Ruben war gerade noch damit beschäftigt, sein Belly zu beladen, als ich beschloss einen ersten Versuch mit dem Water Moccasin entlang der Abbruchkante zu wagen. Möglichst nah am schattigen Algenteppich, führte ich den grün-gefleckten Plastik-Wau-Wau Gassi, als sich ein kleines Rudel neugieriger Verfolger dahinter klemmte – jedoch ohne das erhoffte Jagdmanöver durchzuführen. Eine zweite Portion „Walk the Dog“ wurde den augenscheinlich trägen Kameraden schnell zu bunt und so verschwanden sie wieder im Reich der Schatten.

Es hätte wohl ein halbes Dutzend Möglichkeiten gegeben, das eine oder andere Mitglied der halbstarken Bande aus der Reserve zu locken, aber der Drang, endlich ans andere Ufer zu kommen, wo die RICHTIGEN Fische auf uns warteten, war größer als die Bereitschaft 20 cm Barschen nachzustellen. Und mal ganz ehrlich: Wenn sich beim ersten Wurf 5 Bass blicken lassen, was bitte konnte in den kommenden Tagen noch schief laufen?

Aus irgendeinem mir unersichtlichen Grund, war Ruben mit seinem Belly als Erster auf dem Wasser und während ich noch in den Seitentaschen Tetris spielte, flog sein Wobbler bereits Richtung Algeninsel, wo ich zuvor die Nachläufer hatte. Der erste Wurf brachte grüne Fäden, der zweite Fisch. Seine Sorge, vom Krater als Schneider zurückzukehren, bekam dadurch einen ziemlich ironischen Beigeschmack und verwandelte sich augenblicklich in pure Zufriedenheit, die er mit einem schlichten „JA MANN!“ zum Ausdruck brachte. Auf ein Foto von seinem ersten Schwarzbarsch, musste er allerdings verzichten, denn Zappeln haben die kleinen Biester in den Sommermonaten ordentlich drauf…

Aber das macht nichts. Denn im weiteren Verlauf des Tages, brachte der Daiwa Tournament Double Clutch (9cm; Ayu) über ein halbes Dutzend weiterer Fische in der selben Größenordnung. Erfolgsrezept war dabei langsames Einleiern mit leichten Twitches und Spinnstops, in etwa so wie man es von der nächtlichen Zanderpirsch mit Hardbaits kennt.

„Ein stolzer Ruben.“
Ein stolzer Ruben.

 

„Paar Würfe später.“
Paar Würfe später.

Und ich? Ich bekam ebenfalls meine Bisse, aber so richtig landen lassen, wollte sich keiner der Fische…Abnehmer fanden sich sowohl auf kleine, abwechslungsreich geführte Hardbaits, als auch auf langsam durchs Freiwasser gejiggte  Easy Shiners (4 inch; Ayu) am leichten Bullet.

Obwohl Rubens Wobbler eine ausgezeichnete Figur machte, wiederstrebte mir der Gedanke seine erstbeste Köderwahl zum Blackbasskiller Nr.1 zu küren, schließlich hatten wir noch kaum was anderes probiert. Prinzipiell war ein zuverlässig arbeitender Suspender im natürlichen Look kein schlechter Schachzug, dennoch ließ mich der Gedanke an eine strategischen  Perfektionierung nicht los. Vor allem was die Größe der Fische anging, war noch viiiel Luft nach oben.

Stück für Stück und voller Erwartungen, arbeiteten wir uns die Felswand entlang, wobei fast jede, noch so kleine verdächtige Stelle einen hungrigen Bass bereithielt. Rubens Double Clutch hatte ganz klar die Nase vorn, die gelegentlichen Schwebepausen schienen den Geschmack der Fische voll und ganz zu treffen. Viele Bisse kamen extrem zaghaft während der Spinnstops und wurden teilweise sogar erst „zufällig“ beim Weiterkurbeln verwertet. Lediglich ein leichtes Zucken der Schnur, verriet den Interessenten am anderen Ende der Leine.

Langsam näherten wir uns der magischen Ecke, wo eine der mitunter interessantesten Stellen des Sees liegt: Zwei aneinander grenzende, ausgeprägte Flachwasserzonen (ca. 20 x 20 m) mit integriertem Seerosenfeld und ordentlichem Unterwasserbewuchs.

Allein der kleine Ausschnitt des Ufers im hinteren Teil des Bildes, brachte uns ca. 10 Bisse und Ruben 3 Fische.
Allein der kleine Ausschnitt des Ufers im hinteren Teil des Bildes, brachte uns ca. 10 Bisse und Ruben 3 Fische.

Der Spot hielt, was seine Optik versprach und bescheerte uns ein paar weitere Blackies, wobei Ruben seine landete und ich meine – wie konnte es anders sein – verlor… Um potentiellen Drillratgebern unter euch die Arbeit zu ersparen: Es lag weder an der der Rutenhaltung, noch an der (mangelnden) Druckintensität, sondern war schlicht und ergreifend ein unglückliches Zusammenspiel aus verfrühter Setzung des Anhiebs (Gummi am Offset), die aus meiner wachsenden Ungeduld resultierte und *trommelwirbel*…stinknormalem Pech.

Ein ziemlich holpriger Start also, den ich da hinlegte, während Ruben zur persönlichen Höchstform auflief. Versteht mich nicht falsch, ich freute mich tierisch für ihn, aber irgendwann klopft das eigene Angler-Ego durstig an die Pforten und verlangt nach einem Glas Wasser…nein besser: Einem Aquarium mit Fischen. Und letzten Endes sind die schönsten Angeltage doch jene, mit einem ausgeglichenen Fangergebnis. Dieser war keiner davon, aber trotzdem schön, denn schon kurze Zeit später, stieg bei Ruben der erste vernünftige Bass des Tages ein, noch dazu auf einen an der Oberfläche geführten Noisey Flapper (Farbe: Green Pumpkin). Petri, mein Freund! Ganz nach Lehrbuch, hatte er den Gummifrosch aus dem Hinterhalt eines dichten Weedbeds attackiert und sich – bevor Ruben auch nur ansatzweise einen Gedanken bezüglich des richtigen Zeitpunkts für den Anschlag fassen konnte – perfekt am Offsethaken aufgehängt. Was mir an diesem Tag an Glück verwehrt blieb, wurde Ruben offensichtlich zu Teil.Mit geschätzten 41cm+ unsere kleine, persönliche „toad“.

Kröte frisst Frosch.
Kröte frisst Frosch.

So geil der Fisch auch war, so beschissen waren die Fotos, die ich von ihm schoss…Kein Grund sich zu wundern, schließlich war diese Glanzleistung nur ein weiterer Strich auf der langen Liste meiner Misserfolge an jenem Tag. Man möchte mir vergeben.

Nichtsdestotrotz, war dieser Bass genau das, was wir brauchten. Er war der Beweis dafür, dass die Großen fressen, nur eben anders als ihre kleinen Artgenossen. Während die 25 cm-Fraktion in  Schwärmen von bis zu 10 Exemplaren unterwegs ist und vom Verhalten her an frisch gesetzte Regenbogenforellen erinnert, sind die Biggies meistens alleine auf Nahrungssuche, wobei sie den Großteil ihrer Zeit lauernd im Unterschlupf verbringen und – so vermute ich – nur in den „heißen“ Stunden auf Beutezug gehen. Gelegentlich sah man auch einen 50 + Trümmer seine Bahnen ziehen, nur machte dieser viel mehr den Eindruck, von einem in das andere Versteck unterwegs zu sein, statt auf Nahrungssuche. Von unseren Baits, ließen sich die Fische in solchen Situationen jedenfalls nicht beirren.

Es blieb bei diesem einen Mops und die barbarische Mittagshitze (→ Beißflaute) verlangte nach einer Pause, die wir für eine kleine „Abkühlung“ nutzten, wobei Abkühlung bei Wassertemperaturen von über 30 Grad ein relativer Begriff ist…

Als die Sonne einen Gang runtergeschalten hatte, nahmen wir uns das Nordufer vor. Dort hatte ich meine zwei einzigen Bisse im März gehabt, dort ist Endstation für Uferangler, dort lagen die meisten Bäume im Wasser – und mit ihnen all unsere Hoffnungen auf einen Kapitalen.

Mit dem Erreichen des Steilufers, begann irgendwie auch ein „unausgesprochener„Interessenskonflikt“ zwischen Ruben und mir. Er fischte munter in bewährter Manier mit dem Double Clutch weiter (konnte man ihm nach der guten Ausbeute auch schließlich nicht verübeln) und legte nicht besonders hohen Wert drauf, den Uferabschnitt samt Totholz als „neues Level“ zu sehen. Schnell zeigte sich aber,  dass sich dort nicht ansatzweise so viele Minibass tummelten wie im Flachwasser, das Coverangebot jedoch versprach Fisch. Hier war das Wasser tief und die algenüberzogenen Äste dicht genug, um vorsichtigen und erfahrenen Jägern ausreichend Schutz zu bieten. Für eine läppische Vorspeise jedoch, würden die Königinnen niemals ihren „Thron“ räumen, da musste was her, das ihrer würdig war. Ein langsam präsentierter, unbeschwerter, großer Gummi am Offset erfüllte meiner Meinung nach diese Voraussetzungen.

Und genau da kommt unser kleines „Problem“ ins Spiel. Es ging darum abgebrühte Altfische zu beangeln, jeder überflüssige Reiz – sei es optisch oder akustisch – kann ihren Majestäten den Appetit in Nullkommanichts, unwiederbringlich verderben. Ein Wobbler mit zwei Drillingen, der – sei es nur gelegentlich – an dem ein oder anderen Ast hängen bleibt, kann also das Vorhängeschloss an ihren Mäulern bedeuten. Vor allem hatte Rubens 40 + Fisch doch gezeigt, dass große Baits der ein Schritt in die richtige Richtung waren.

Das soll natürlich nicht heißen, dass meine Taktik Unfehlbarkeit versprach und ich mich als den Bass-Messias darstellen will. Im Gegenteil, Zweifel und Sorgen nagten fleißig an meiner Hirnrinde, jedoch ging es darum, die vielversprechendste Variante aus dem vorhandenen Arsenal zu picken und alle potentiellen Blank-Faktoren bestmöglich vorzubeugen.

Schließlich ist es irgendwo auch das, worum es beim Angeln geht: Richtig kombinieren. Und bei unserer Spielfigurenkonstellation, war der Madwag in 7 Inch am 5/0er Offset der bestmögliche Schachzug. Wieso? Weil er alle Eigenschaften eines soliden Großbassbaits in sich vereinte und sich möglichst lange in der Strikezone  präsentieren ließ. Unauffällig genug, um keinen Verdacht zu erregen, auffällig genug um willige Mamas aus dem Versteck zu locken.

Kleine Schlange, großer Blutegel, Riesenwurm – irgendwie steckt von allem was drin. Der selbst bei Zeitlupentempo zuverlässig arbeitende Twisterschwanz,  die Farbe (Schwarz-Braun + Blauglitter), sowie der Keitech-typische Scent, ergaben eine vielversprechende Kombi. Ferner sorgten Länge, Form und Schwanzvolumen für ausreichend Eigengewicht und Wasserwiederstand, was eine kontrollierte Führung am leichten Gerät ohne zusätzlichem Weight ermöglichte.

Während der Spinstops, verharrt der Twister auf der Stelle und sinkt dank des großen Offsethakens in waagrechter Position unverschämt langsam ab, was ihn zu einer echten Waffe für dichtes Baumcover macht, da man so das Potential jeder noch so kleinen Lücke, optimal ausschöpfen kann. Daraus ergibt sich allerdings ein „Nachteil“: Man fischt sehr langsam. „Nachteil“ weil es eigentlich gar kein Nachteil wäre, wenn der Angelpartner eine ähnliche Taktik an den Tag legen würde. Bearbeitet der Kollege aber die Spots zügiger als man selbst, ohne sich ausreichend auf die Gegebenheiten eingestellt zu haben, sinkt die Chance auf  (DEN) einen Fisch enorm und zwar bei beiden. An dieser Stelle sei klar zu stellen: Es geht nicht darum, meinen Ansatz zu zelebrieren und jemand anderen schlecht zu reden! Ruben ist ein guter Kumpel und hat sich im letzten Jahr angeltechnisch viel Mühe gegeben. Können und Begeisterung sind im Vergleich zum März Trip ordentlich gestiegen, dafür Respekt! Mir geht es um eine objektive Sichtweise auf die Situation und die Erläuterung der damit in Zusammenhang stehenden, zwischenmenschlichen Schwierigkeiten, die der ein oder andere von euch sicher auch schon erleben durfte. Aus dem Grund einfacher Logik und bisheriger Erfahrung wusste ich, dass ich Recht hatte und brachte Ruben meinen Ansatz näher. Nachdem er aber nicht weiter drauf einging, wollte ich auch nicht das Arschloch spielen und ihn herum kommandieren, insbesondere weil sich durch die gefangenen Blackies an jenem Tag eine gehörige Portion Selbstvertrauen angehäuft hatte. Außerdem gab es trotz meiner Zuversicht natürlich keinerlei Garantie, dass mein Vorgehen Erfolg bringen würde.

Mein Instinkt sagte aber: Das ist der richtige Weg. Und so fischten wir gemeinsam…gegeneinander (Wenn auch vielleicht nur ich das so empfand.)

Bigfishzone
Bigfishzone

Am „Baum des Vertrauens“ angekommen, ließ ich den ausgeworfenen Mad Wag gut 15 Sekunden (ca. 2-3 m) sinken und versetzte ihn mit zurückhaltenden  Twitches in Bewegung. Dann wieder kurz  absacken lassen und langsam einleiern…BOOM!… Ein brachialer Schlag fuhr durch den Blank und riss mir beinahe die Rute aus der Hand (#noanglerlatin). Am ehesten ließe sich dieser Take wohl mit dem eines Rapfens im Hochsommer vergleichen. Denn so schnell wie er kam, war es absolut unmöglich, den Zeitpunkt des Anhiebs zu verzögern (was der Offsethook eigentlich verlangt hätte). So verursachte der Fisch den Anschlag selbst, der – wie konnte es anders sein – natürlich ins Leere ging. Ich hielt noch einen Moment inne und gab dem Madwag einen sanften Jerk, der Nachfasser aber, blieb aus….

Ein paar Würfe später (auch mit anderen Baits) war klar, dass wir keine zweite Chance bekommen würden und weil der Fehlbiss alleine nicht reichte, erschien aus den Tiefen des Baumes ein dunkler Schatten der sich als deutlicher 50+ Fisch entpuppte. Das Köderspektakel hatte ihn wohl zum Umzug bewegt und so stand er keine 2 Meter unter der Oberfläche im dichten Ästegewirr und lachte leise vor sich hin. Jegliche Art von Ködern (vertikal, wacky, gejiggt oder getwitcht ) wurde ignoriert, bis es ihm endgültig zu bunt wurde und er wieder in sein Reich abtauchte. War es der Fisch, den ich damals verloren hatte? Im März bestand fast die gesamte „Baumbande“ aus solchen Kalibern… Eine Antwort blieb uns verwehrt und nachdem wir das übrige Totholz ohne weiteren Fischkontakt abgeklopft hatten, arbeiteten wir uns wieder zurück durch die „Kinderstube“, doch auch da ließ sich bis auf einen gelandeten Racker bei Ruben und – ich wage es schon kaum mehr auszusprechen – einen Fehlbiss chez moi, nicht viel holen.

Der Spielmacher des Tages war definitiv der Daiwa Tournament Double Clutch (9cm, Ayu). Im Freiwasser ohne Hindernisse eine wahre Macht! Ruhm gebührt seinem Meister für den richtigen Einsatz. ‚Well done my friend!‘ So ist es nicht verwunderlich, dass bei drohendem Verlust keine Mühen gescheut wurden, das Baby aus den Fängen der Buschmonster zu befreien, einen ebenbürtigen Ersatz gab es nämlich nicht.

Freeclimbing für einen guten Zweck
Freeclimbing für einen guten Zweck

Mit ca. 8 Bass (darunter eine Toad) für Ruben und ungefähr der selben Anzahl versemmelter Bisse (darunter auch eine Toad…) für mich, ging ein verdammt erlebnis- und aufschlussreicher, erster Tag zu Ende. Die nicht gelandeten Fische störten mich wenig, denn dieser eine Biss auf den Madwag war die Bestätigung dafür, auf dem richtigen Weg gewesen zu sein. In den 8 Stunden auf dem Wasser hatten wir mehr über die Blackies gelernt, als in der gesamten Märzwoche…

Bei einem Bier ließen wir den Tag nochmal Revue passieren und versucht halbwegs zeitig ins Bett zu gehen, um am Alserio voll durchzustarten. Wie es weitergig erfahrt ihr im zweiten Teil. (Johannes hat beschlossen, meinen 30 seitigen Roman in 3 Teile zu zerlegen.)

 

Zu den beiden anderen Teilen geht es hier lang:

Wenn (fast) alles Basst – Die Revanche (II): Na Als(eri)o, geht doch!

Wenn (fast) alles Basst – Die Revanche (III): Keine Gnade!

Einfach richtig geil geschrieben. Vielen Dank dafür :)
Freu mich schon auf den zweiten Teil!
Sehr anschaulich und fesselnd geschrieben! Chapeau!
Bin schon gespannt auf Teil2!

Grüße!
Danke für die investierte Zeit.
Da hat einer Talent zu schreiben.
Daumen hoch!
P
  • P
    PM500X
  • 10.01.2017
Sehr schade, dass das mit der Unterkunft sich so schwierig gestaltet. Luiz und ich sind ja öfters in Norditalien zum Bassangeln und waren bislang immer absolut positiv überrascht.

Bass angeln kann hart sein. Manchmal braucht man einen 3/4 Tag, bis man DEN Köder gefunden hat. Und dann knallt es Schlag auf Schlag. Teilweise waren es enge Zeitfenster, in denen man mit 10 Würfen 10 Fische fing, und der restliche Tag war Flaute. Konsequentes Durchangeln eines einzelnen Köders war da eher kontraproduktiv.

Bin schon gespannt auf den zweiten Teil, versetzt mich nämlich gerade in Gedanken nach Italien zurück :)
Sehr geil, Rick! War auch nicht anders zu erwarten. Aber dass du so nen wortgewaltigen 3 Teiler rausdonnert, toppt echt alles. Und vom Style her...was soll ich sagen. Hättest den Artiekl auch neben mir im NEckar vom Belly aus erzählen könnten. 100% Rick-Style halt :) Vielen Dank nochmal dafür. Bald geht's JaKa shoppen und davor ruf ich nochmal durch...ggf gönn ich mir deine Hessennummer noch dazu ;)
thx maane &lt;3. Ja is halt irgendwie passiert mit den 30 Seiten :D lieber schreiben als erzählen, da lässt sich das Chaos besser strukturieren. es bleibt &quot;für immer&quot; und andere haben was davon. Ja, warte schon sehnsüchtig auf meine Kohle, dann gehts los. Für Hessen bricht ab diesem Jahr aber leider ein ziemlich dunkles Kapitel an..Ka wie ich das verkraften soll, wenn auf die trächtigen Zettiweibchen in der &quot;Schonzeit&quot; eingekloppt wird. Aber lohnt sich in jedem Fall, dann kann ich mich in puncto Guiding bisschen revanchieren. Hau rein
A
  • A
    Aurikus
  • 10.01.2017
Hey, was ein geiler Bericht! Das zu lesen hat mal richtig Spaß gemacht und löst auch unweigerlich ein Jucken in den Fingern aus. Die Fortsetzung wird definitiv weiter gelesen, da hat es einer drauf!
merci leutz! :)
Mein Sohn will derzeit nur in unserem Arm schlafen.
Danke danke danke für diesen sehr amüsanten u unterhaltsamen Text. Da macht es auch nix wenn man ans Kinderzimmer"gefesselt" ist.

Ich werde die anderen Teile auch gerne noch lesen.
F