Barsch Verhalten, Methoden & sonstige Theorien: Barsch-Facts in Prozent


Die Fisch&Fang hat mir Anfang des Jahres eine Mail mit Barsch-Thesen zugeschickt, die ich in ein paar Sätzen beantworten sollte, um dann zu einer prozentualen Einschätzung der Ansage zu gelangen. Typisch für mich wären übertrieben exakte Einschätzungen wie 87,34 Prozent gewesen, die ich mir irgendwo aus der Nase gezogen hätte. In echt finde ich aber, dass es da nur „falsch“, „richtig“ oder „neutral“ (bzw. „unentschieden“ oder „kann beides sein“) geben kann. Also 0 Prozent, 50 Prozent und 100 Prozent. Da Barsche überall anders ticken und in diesem Format viele das (Beiß-)Verhalten beeinflussende Faktoren nicht berücksichtigt werden können, kann es sich nur um eine Tendenz handeln. Ich fände es selber super interessant, wenn ihr im Anschluss in den Komemntaren eigene Abhandlungen zu Punkten schreibt, in denen wir nicht auf Kurs liegen. In jedem Fall  bieten meine Meinungen bestimmt Anlass für die eine oder andere Kurz-Diskussion. Viel Spaß!

Wie INTELLIGENT kann ein Barsch sein, wenn er auf einen Crankbait ballert?

1. Große Barsche sind besonders misstrauisch, fast schon schlau. 

Das halte ich für einigermaßen gewagt. Na klar haben große Barsche in ihrem Leben mehr gesehen. Und an stark beangelten Plätzen hingen sie vielleicht schon ein paar Mal am Haken, was sie vorsichtiger werden lässt. Dass kleinere Barsche generell häufiger beißen, hat für mich aber zwei andere Hauptursachen: Erstens gibt es in jedem Gewässer mehr kleine Barsche als große. Zweitens sind kleine Barsche in größeren Fraktionen unterwegs, so dass sie sie schneller und argloser sein müssen bei der Nahrungsaufnahme. Das bedeutet aber nicht, dass große Barsche „intelligenter“ sind.

Dietel-Einschätzung: 0 Prozent (in unbefischten Gewässern)

Weiterangeln oder gleich den Platz wechseln?

2. Wo viele kleine Barsche schwimmen, sind nur wenige größere unterwegs.

Ein guter Barschplatz ist ein guter Barschplatz. Wo kleine Barsche etwas zu fressen finden, finden auch große Barsche Nahrung. Dazu kommt noch die Option, kleine Barsche zu fressen. Die Frage ist, ob man „sich durch die vielen Kleinbarsche durchangeln will“, wenn man mal einen Kleinbarschschwarm gestellt hat. Wer große Barsche um einen Kleinbarschschwarm herum fangen will, sollte mit der Ködergröße hochgehen, evtl. ein Barschimitat anbieten und nicht voll im Zentrum des Kleinbarschschwarms angeln, weil die Halbstarken zahlenmäßig überlegen sind und in Anbetracht der Konkurrenz mehr Fressdruck haben als die alten Eumel.

Dietel-Einschätzung: 0 Prozent

 

3. Barsche reagieren besonders empfindlich auf heftige Luftdruckschwankungen.

Ja. Ich finde, dass Barsche empfindlicher sind als Hechte und fast noch ein bisschen zickiger auf Wetterumschwünge reagieren als Zander.

Dietel-Einschätzung: 100 Prozent

 

4. Mit Dropshot fängt man eher Klasse als Masse.

Dass man mit dem Dropshot-Rig nur kleine Barsche fängt, ist absoluter Quatsch. Und doch ist ein bisschen was dran an der Theorie. Durch die langsame Präsentation haben die Kleinbarsche viel Zeit, den Köder anzugreifen. Man ist auch nicht so schnell durch die Schwärme durch. Und viele Menschen können der Versuchung nur schwer widerstehen, jeden Biss mitzunehmen. Ergo werden bei Fehlbissen kleinere Köder angeboten und erst aufgehört, wenn nix mehr beißt. Wenn man mit Ködern, die einem 40er Barsch gerecht werden, an Plätzen angelt, an denen große Barsche stehen, kann das Dropshot-Rig eine Waffe sein, um die faulen Genossen an den Haken zu magnetisieren.

Dietel-Einschätzung: 50 Prozent

 

5. Zum Barschangeln mit Gummi und Finesse-Ködern sind Tungsten-Gewichte besser als Blei.

Logo. Mit Tungsten spürt man viel besser, was da los ist am Grund (weich, hart, Muscheln…). Die Jigs, Bullets und Dropshot-Weights aus Tungsten sind aufgrund der höheren Dichte kleiner, damit schnittiger und unauffälliger.

Dietel-Einschätzung: 100 Prozent.

Ein Bild für 3 Thesen: Erstens fängt man mit Stahl auch dicke Barsche. Zweitens ist Tungsten 100mal geiler als Blei. Drittens fängt Super-Finesse auch mal was Super-Großes.

6. Barsche reagieren allergisch auf Stahlvorfächer.

Puh. Manchmal. In glasklarem Wasser. Wenn sie stark befischt werden. Und wenn die Schwärme klein sind. Wenn Hechte da sind, ist das aber eine überflüssige Überlegung. Dann gehört halt ein Stahlvorfach dran.

Dietel-Einschätzung: 50 Prozent.

 

7. Endgrößen bis 60 Zentimeter sind möglich (laut Wikipedia „verlässlich dokumentiert“).

Ich habe noch keinen 60er gefangen, vor 20 Jahren evtl. aber mal einen gesehen in einer Fischerkiste am Bodden. Das war ein richtiges Kalb und ich ärgere mich sehr, dass ich damals nur riesige Augen gemacht habe, anstatt den Fisch zu vermessen. In einem Barsch-Video haben Hacki, David und ich mal einen gigantischen Nachläufer dokumentiert. Und dann war da ja neulich mal der 61er Barsch aus Schweden, der durch die Presse ging. Ich glaube an das Endformat. Da ich seltenst eine Scale dabei habe, werde ich aber nicht derjenige sein, der einen 60er dokumentieren kann – es sein denn er würde in der Profi-Liga beißen. Das wäre na klar doppelt schön 😊

Dietel-Einschätzung: 100 Prozent

Die Chebu ist schon ein echter Abräumer. Das sind andere Methoden aber auch.

8. Mit Finesse-Rigs (Dropshot-, Carolina-, Texas-, Chebu-Rig) fängt man Barsche am besten.  

Es gibt nicht DIE EINE Übermethode, die immer besser fängt als alle anderen. Es gibt aber oft ein System des Tages oder einen Köder(typ) des Tages. Den muss man finden. Manchmal ist es eine Finesse-Methode, manchmal ein Twitchbait, manchmal ein Barsch-Baron… Fest steht, dass man mit den Finesse-Methoden eine Auswahl an Montagen parat hat, die die Fische fangen, wenn sie für Leute, die nur mit Gummi am Bleikopf angeln, unerreichbar sind. Nur weil sie nicht auf gejiggte Gummis gehen, heißt es noch lange nicht, dass keine Barsche da sind oder dass sie unfangbar sind. Außerdem macht das Finesse-Angeln mega Spaß.

Dietel-Einschätzung: 0 Prozent

 

10. Tote, unbewegt/statisch angebotene Köderfische fangen keine Barsche.

Ich angle nie mit Köderfischen. Aber ich fange Barsche auf unbewegte Gummis (am Ned-Rig zum Beispiel). Es sollte mich wundern, wenn Barsche dann keine toten Köfis nähmen. Allerdings: Ein bisschen Zuppeln zum Locken macht schon meistens Sinn.

Dietel-Einschätzung: 0 Prozent.

40 Zentimeter waren mal die magische Marke. Schon allein durch den intensiven Barsch-Tourismus nach Holland hat sich diese Marke um 10 Zentimeter nach oben verschoben. Die Krux: Mit dem Angelalltag des durchschnittlichen Barschanglers hat diese „neue“ Traummarke nichts zu tun.

11. Die Chancen, einen 40-Plus-Barsch zu fangen, waren noch nie so gut wie heute.

Die Chancen wären vor 50 Jahren sicher besser gewesen, wenn man da das gleiche Arsenal an Ködern und Hardware zur Verfügung gehabt hätte. Ich kenne nur wenige Gewässer, von denen man sagt, dass der Barschbestand immer besser wird. Stattdessen hört man oft von früher, als alles besser war: Weniger Kormorane, weniger Angeldruck, mehr Phosphat im Wasser… Allerdings werden die Angler immer besser. Es angeln auch immer mehr Menschen auf Barsch. Und durch Insta, YouTube und Facebook bekommt man mehr Wind von den guten Fängen. Außerdem wird heute deutlich mehr in Boote und Bootstechnik investiert. Es wird mehr gereist. Und generell mehr Energie investiert. Das macht sich dann sicher auch auf der Haben-Seite bemerkbar.

Dietel-Einschätzung: 50 Prozent

Klasse Format. Ich finde ja, dass es sich an steilen Thesen manchmal besser diskutieren lässt als wenn man um den heißen Brei herumlamentiert. Daher hier auch kurz meine persönlichen Korrektureinschätzungen zu den einzigen zwei Punkten, bei denen ich nicht mit dir übereinstimme:
  1. Große Barsche sind besonders misstrauisch, fast schon schlau. Ja, meines Erachtens sind unter den Großen mehr Misstrauische als unter den Kleinen, aus oben bereits genannten Gründen. Die sind so groß geworden wie sie es sind, weil sie gute Gene für "Intelligenz" mitbekommen oder durch Erfahrungen "Strategien" zum Überleben entwickelt haben, mit denen sie sich von Artgenossen unterscheiden. Neulich habe ich einen 45er-Traumbarsch (für einen 5ha Waldtümpel) an meinem Vereinsgewässer gefangen. Das beangle ich insgesamt seit 20 Jahren; heutzutage zwei drei mal im Jahr, früher viel häufiger und ich habe dort vorher noch keinen Barsch dieser Größe gesehen. Mein Exemplar hat auf einen sehr realistisch wirkenden zweiteiligen Bass-Swimbait gebissen. Kleinere Barsche bekommt man viel leichter ans Band und Fressdruck herrscht dort wenig, weil auf eine kleine Räuberpopulation massig Weißfische kommen. Der Raubfischbeangelungsdruck ist in dem Dorf ebenfalls gering. Fazit: 50 Prozent.
  2. Mit Dropshot fängt man eher Klasse als Masse. Ja, man gibt mit langsamer Präsentation auch kleinen Fischen die Chance, sich einen im Verhältnis zu ihrer Körpergröße großen Köder einzuverleiben und verleitet sie m. E. sogar dazu, denn die Beute ist ja eh vermeintlich "halb tot" und wird damit als kaum noch wehrhaft wahrgenommen. Aber wenn dieser Erkenntnis von Seiten der Anglerschaft ein entsprechender Anstieg der Ködergröße folgen würde – an Gewässern mit Hechtbestand natürlich zahnsicher gebunden (z. B. so https://www.barsch-alarm.de/news/das-no-knot-anti-scharfe-zaehne-ds-rig/) – würde das Rig ebensowenig kleine Fische liefern wie andere Methoden mit großem Köder. DS wird eben gern mit kleinen Ködern kombiniert, obwohl es mit großen Baits auch sehr sehr viel Spaß macht. Fazit: 0 Prozent.
EDIT: Mir fällt gerade auf, dass ich These 2 falsch gelesen habe. Mit Dropshot fängt man natürlich nicht "eher Klasse als Masse". Aber würde die These nicht umgekehrt formuliert nicht mehr Sinn ergeben, also "Mit Dropshot fängt man eher Masse als Klasse", denn das ist es doch, was weithin verbreitet oft behauptet wird.
Moin, zur These 1 denke ich schon, dass sehr große Barsche etwas "schlauer" sind, da sie meiner Erfahrung nach idR eher zu Saisonbeginn oder an frischen Plätzen beißen, wenn nur wenige vorhanden sind. Zu 2 denke ich auch, dass Barsche eher in Schulen von etwa gleich großen Barschen unterwegs sind. Es kommen zB erst die etwa 30cm Fische, dann die 40er und dann die Kanonen. Wenn die "Kartuschen" unterwegs sind, werden die Zwerge sicher nicht mehr in Ruhe fressen, weil sie eher Nahrung sind, sie werden also besser den Platz erst einmal wechseln oder sich zurückziehen., Den Rest sehe ich ähnlich. Beste Grüße
Aber würde die These nicht umgekehrt formuliert nicht mehr Sinn ergeben, also "Mit Dropshot fängt man eher Masse als Klasse", denn das ist es doch, was weithin verbreitet oft behauptet wird.
Das denke ich auch. Da hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen.
Sorry, Sir Saturday. Ich habe dein Zitat nicht gekennzeichnet.
Korrekt, Leute. Da war ein Fehler drin. Bin jetzt hin- und hergerissen, ob ich ihn eliminieren soll. Dann versteht aber ja niemand mehr eure Kommentare :-D
Ergänze doch ein (danke an Sir Saturday für den Hinweis) oder so. Dann versteht es jeder wieder
Ich wundere mich, dass erst so wenige Kommentare eingetrudelt sind. Wahrscheinlich sind alle am Wasser und überprüfen erstmal o.g. Thesen. ;) Ich persönlich halte eine Diskussion darüber für richtig spannend.

Hier bin ich anderer Meinung:

1. Große Barsche sind besonders misstrauisch, fast schon schlau.
Meine Meinung ist, dass große Barsche bestimmte Situationen oder Gegenstände aufgrund ihrer Erfahrungen reflexartig eher mit Gefahr verbinden als die Kleinen. Obwohl es natürlich auch (leider viel zu wenige) Situationen gibt, in denen sie sich auf alles stürzen. Ich konnte oft beobachten, dass die Großen erstmal die Kleinen "vorlassen" und sich zurückhalten. Meist interessieren sie sich erst für den Köder, wenn der kleine Barsch schon dran zappelt (Futterneid). Insbesondere unter Steganlagen o.ä. hat das bestimmt jeder schon erlebt (und ist daran verzweifelt). Deswegen: 50%

8. Mit Finesse-Rigs (Dropshot-, Carolina-, Texas-, Chebu-Rig) fängt man Barsche am besten.

Sorry, aber genau diese Erfahrungen habe ich immer wieder gemacht.
Deswegen: 100%

10. Die Chancen, einen 40-Plus-Barsch zu fangen, waren noch nie so gut wie heute.

Wenn sich diese Aussage auf Deutschland bezieht, dann leider: 0%
@hafri | Ich habe in DE mehrere ü40er Barsche gefangen, aber erst, seit ich das moderne Barschangeln kenne, was hier im Forum permanent besprochen wird. Vorher kannte ich das Verhalten der Fische zu schlecht und eben auch nicht die richtigen Methoden, um sie gezielt zu beangeln. Deswegen sind die Chancen heute so gut; weil so viel Wissen frei zugänglich geteilt wird wie noch nie. Wer es darauf anlegt und Zugang zu einem Gewässer mit einer guten Population großer Barsche hat, wird früher oder später innerhalb einer Saison ein Großkaliber fangen. Was mich zu deiner zweiten Anmerkung bringt. Ich habe zwar einen 40er auf Blinker gefangen. Aber Finessen sind bei mir deutlich häufiger für große Barsch verantwortlich – mit einer Einschränkung: Hardbaits clever präsentiert sind ebenso mächtig. Aber auch Gummi am Jigkopf und Spinner haben ihre Berechtigung. Es steht alles in Relation dazu, was am jeweiligen Gewässer viel gemacht wird und die Fische bereits kennen. Deswegen stimmt auch die "Große-Barsche-sind-misstrauisch-These" für mich mindestens zu 50%. Man kann denen i. d. R. nicht jeden beliebigen Köder vor die Nase halten und erwarten dass sie anbeißen.
1. Große Barsche sind besonders misstrauisch, fast schon schlau.
Meiner Meinung nach ist da definitiv was dran. Nicht umsonst hab ich fast alle besseren Barsche an bestimmten Spots immer innerhalb der ersten Würfe überredet. Wenn dicht anbei erstmal ein paar kleinere gelandet wurden, waren die Aussichten später noch einen großen zum Anbiss zu überreden sehr gering. Das mag in wenig befischten Gewässern allerdings anders sein.. Fazit 50%

2. Wo viele kleine Barsche schwimmen, sind nur wenige größere unterwegs.

Den Großteil des Jahres bin ich bei dir. Im Frühjahr vor dem Laichgeschäft allerdings nicht. Fazit: 25%

Beim Rest geh ich mit.
Moin,
Wie „schlau“ ein Barsch ist, könnte man auch in Relation zum Angler setzen…
In Gewässern mit hohem Fraßdruck durch Angler werden aggressive und dominante Exemplare früh aus dem Genpool entfernt.
In CR Gewässern bleiben extreme Unterschiede zwischen Individuen erhalten. Die mit den anglerfreundlichen Ernährungsgewohnheiten wirken eben „dümmer“.
Ich bin auch bei 0%

Bzgl der 10. Chancen bin ich bei 100%
Es war nie leichter, einen Ü 40 zu fangen. Eine ganze Industrie lebt davon, es extrem einfach zu machen und schwer erscheinen zu lassen.
@Texasroach | Zum letzten Punkt habe ich ja auch bereits meinen Senf abgegeben, aber dein Argument fehlt mir noch ein wenig. Inwiefern macht es eine ganze Industrie "einfach", große Barsche zu fangen? Durch ihre Produkte oder durch das geteilte "Wissen" in Form von Werbung? Meinst du die Tacklehersteller, den Vertrieb oder die angestellten sowie freiberuflichen Teamangler? Und die "Schläue" großer Barsche in Relation zur Anglerschaft zu setzen, da bin ich ebenfalls bei dir. Auch wenn du konsequent 0% geschrieben hast, was deinem Argument voll entspricht und ich oben 50%, sehe ich es genauso. Gut möglich, dass die Großen nur misstrauischer wirken, weil sie von Anfang an eine andere Ernährungsweise an den Tag gelegt haben und aus welchen Gründen auch immer weniger aggressiv sind, was es uns Anglern nunmal schwerer macht. Aber genau das ist hier ja die Quintessenz: Sie sind schwieriger ans Band zu bekommen, ob nun aus Intelligenz oder andere Gründen ist anglerisch letztlich gar nicht so entscheidend.
Moin,
Wissen, Produkte, Dienstleistungen: Wer heute so einen Barsch fangen will kann ihn doch praktisch kaufen. Oft genug in ein Guidingboot auf das Hollandsdiep und ab dafür…
Außerdem wurde nie mehr released, auch das eröffnet Chancen
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