Rapfen, Döbel & Co. Döbel-Wahnsinn: Die Gewinner-Cap-Aura!
Ende Oktober hab ich hier auf Barsch-Alarm beim Gewinnspiel ein kleines Tacklepaket von VMC gewonnen. Während die Drillinge und das FC schon gute Dienste leisten, kam die Cap in mein Hall of Fame-Regal neben ein paar Bildern, Büchern und abgerockten Ködern. Dort fristete sie ihr Dasein bis gestern. Denn spontan nahm ich die Cap gestern mit zum Fischen und irgendwie ging der Tag so ab, dass die Cap nun wieder in der Hall of Fame gelandet ist, aber eins nach dem anderen. (Ok. Kleine Vorab-Info: Es geht um meinen heftigsten Döbel-Trip ever.)
Ein paar Tage vorher
Für einige Monate habe ich in Baden-Baden gearbeitet. Um mich nach einem Bürotag in Schwung zu bringen, war ich viel mitm Fahrrad in der Gegend unterwegs. Als Angler fährt man dann natürlich Gewässer angucken. Immer wieder konnte ich in den kleineren Gewässern anständige Döbel um 50cm spotten und als ich den beruflichen Abschied in die Wege leitete, wurde die Zeit dann etwas knapp mit dem Fischen gehen. Auf die Schnelle könnte ich über meine Vermieterin die jemanden kennt, der jemanden kennt, auf einer Fly-only Strecke fischen. Fly-only mitten in der Stadt unter Unmengen von Gebüschen? Mit meinen nicht vorhandenen Fliegenfischerskills war das nicht die Lösung.
Also musste eine andere Lösung her und somit fiel die Wahl in letzter Sekunde auf einen kleinen Graben, welcher in den Unmengen von Emails nur so randläufig erwähnt war, als gäbe es dort eh keine Fische. Zwischen Wohnung ausräumen, Wohnsitz abmelden und Vorstellungsgesprächen bekam ich dann einen 3 Zeiler per Mail, dass ich dort angeln darf. Diesen hab ich ausgedruckt und damit bin ich dann gestern in die Badische Botanik gefahren. Immer mal wieder hielt ich auf dem Feldweg kurz an, auch hier konnte ich zwei 50er Döbel spotten, die Rute hatte ich eigentlich schon im Anschlag aber ich disziplinierte mich selbst und fuhr brav soweit es ging, da ich am unteren Ende einsteigen und grabenaufwärts fischen wollte. Ein knapper Kilometer weiter kam die vom Pächter erwähnte Ausweichbucht und ich stellte mein Auto ab.
Ab ins Unterholz
Es ging dann weiter in den Watstiefeln und mit zunehmendem Vorankommen wurde aus niedrigem Wiesenaufwuchs dichtes Gebüsch. In der letzten Kurve beschloss ich dann einzusteigen und das letzte Stück im Graben vollends zu laufen. Vielleicht kommt ja noch was Interessantes. Und als ich dann um die Ecke lief und zur Befischungsgrenze, eine Brücke, guckte sah ich dort einen Kormoran. Was auch immer er dort in dem 4m breiten Graben jagte, es gab auch sicher Raubfische, die dort das gleiche jagen. Ich schlich mich also die letzten 200m in 30min abwärts, um möglichst wenig Sediment aufzuwirbeln. Und je näher ich kam, desto aufgeregter wurde ich. Hinter einer Rausche bildet sich da ein 50m langer Gumpen aus, voll mit kleinen Döbeln und am Ende liegt ein Baum im Wasser. Hier muss ein Godzilla wohnen…
Furioser Auftakt
Vor dem Baum konnte ich dann 3 Karpfen und einen anständigen Döbel erspähen. Die erste Köderwahl war ein Hellgie, weightless. Ausgeworfen, treiben lassen, ignoriert worden. Also fange ich mal an, mein Köderarsenal auszuprobieren und nach dem 4. Bait zieht sich der Döbel unter den Baum zurück. Das wollte ich so nicht auf mir sitzen lassen und den Baum von unterhalb anwerfen. Deshalb schlich ich mich seitlich daran vorbei und beim Blick hinter den Baum musste ich kurz innehalten. Hier stand ein Pulk riesiger Döbel, jeder über 50cm, zwischen den Krautfahnen. Ich ging vorsichtig ein Stück abwärts um Wurfdistanz zu haben und überlegte meine Köderwahl. Die Anforderungen: relativ schwer um genau werfen zu können, wenig Haken aufgrund des Krautes und kein Döbelimmitat (welche vom Test-Döbel ignoriert wurden). Die Lösung: kleiner 5cm Gufi in Braun mit 7gr Kopf. Im Wasser wirkt das wie eine Grundel, die zum Boden saust und ehrlich: Es war der einzige Strohhalm, da meine Microköder-Kiste aufm Schreibtisch lag. ‚Ein Hoch auf die Unordentlichkeit‘ gedacht und meinen einzigen Gummifisch rangehängt, zwischen die zwei obersten Krautfahnen gezimmert aus 20m Entfernung und dreimal gekurbelt… Peng. Der Drill beginnt… Drill Ende. Ausgestiegen!
Jetzt erstmal Ruhe bewahren und reflektieren. Nach 20min Pause waren die Döbel und auch ich beruhigt und ich hatte mich darauf besonnen, ähnlich wie beim Black-Bassing einen Moment zu verzögern. Dann nochmal ein Präzisionswurf, Schnur wird schlaff… 1…2… Bamm und Kurbeln. Nach wenigen Sekunden windet sich ein 55er Döbel vor mir. Hammer-Start!
Furiose Fortführung
Frei nach dem Motto „never change a winning system“ gabs den Präzisionswurf zum dritten Mal und kurz darauf den zweiten Döbel mit 55 cm Länge.
So kann es doch weiter gehen und ich machte mich auf zum nächsten Spot. Dieser lag etwa 500m entfernt, dazwischen hauptsächlich flache und krautbewachsene Bereiche mit unzähligen ein- und zweijährigen Fischen. Ich sah dann aus der Entfernung eine kleine Weide am Ufer sowie eine ruhige Wasseroberfläche im weiteren Bereich und vor mir tat sich eine tiefere Rinne auf… eindeutig ein Hotspot! Diesen habe ich aus 40m angeworfen und das Ergebnis war dem Anfang entsprechend… 57er Döbel.
Während dieser zurückschwamm noch nen Wurf rausgehauen und ein weitere Döbel mit 55 cm folgte, verschwommenes Beweispic gemacht und dann der Schock: Wirbel ist offen, kein Köder drin. Steht jetzt der Angeltag auf der Kippe? Nein, er lag auf dem Grund der Rinne, unerreichbar mit Watstiefeln, aber ich bin ja Angler und nach kurzer Zeit habe ich den Spitzenring am Haken reinfummeln können, heute klappt wohl alles.
Fehlwurf am krassesten Spot?
Die Rinne gab keinen weiteren Döbel preis und ich machte mich auf den Weg zum nächsten Spot, welcher eher ein Doppelspot ist: eine weiterer Rinnenbereich mit einem Einlauf und einigen großen Steinen. ‚Hier stehen sicher die Fische gestapelt drin.‘ Und so war es auch. Aus der Entfernung kann ich 15 Stück zählen. Ich entschließe mich, soweit oben wie möglich einzuwerfen und verkalkuliere mich beim Abbremsen des Wurfes. Anstatt einem sachten Platscher gibt’s Geraschell zu hören. Der Köder hängt in Schilfhalmen, ein paar Zentimeter überhalb des Wassers und somit den Döbeln. Am nominell besten Spot ne Nullnummer hinlegen? Scheint wohl unausweichlich. Vorsichtig zupfe ich in die Schnur, dann etwas ruppiger…die ersten zwei Döbel hauen ab… noch ein Ruck… der ganze Pulk haut ab in den Gumpen des Einlaufes, aber der Köder kommt frei und landet auch dort…ein Lichtblitz unter Wasser… 1…2… Fish on! In der ganzen Aufregung dachten wohl die Döbel im Einlaufgumpen, dass hier grade eine wilde Jagd im Gang ist und so hat der 5. Fisch zugepackt und nach einem spannenden Drill zwischen den ganzen scharfen Betonkannten liegt ein 58 cm Klotz vor mir im flachen Wasser. 5 Döbel, 280cm Gesamtlänge, ich weiß nicht was ich noch sagen, denken oder schreiben soll.
Genießer-Modus rein
Einen Moment halte ich inne, setze mir meine Cap zurecht und schalte dann mein Handy aus. Die zwei Stunden Angelzeit bisher haben mir ungefähr soviel kapitale Döbel gebracht, wie bisher meine gesamte anglerische Laufbahn, absoluter Wahnsinn und dieses Gefühl wollte ich ganz allein genießen. Ich habe nicht mehr gezählt und nichts mehr gemessen. Vielleicht war noch ein größerer Döbel dabei, vielleicht wurde auch mein 60cm-PB geknackt aber das war mir egal. In jedem tieferen Bereich hat es geknallt und es war immer die ähnliche Größenkategorie. Wichtig war, diese Bereiche von Weitem zu erkennen und genau anzuwerfen.
Hall of Fame-Regal – zu recht
Jetzt am Donnerstag sitze ich am Schreibtisch und gucke in mein Regal. Da liegt die VMC-Cap, mit Spinnenweben, einem Dreckfleck und sicher auch etwas Döbel-Schleim. Und ich muss sagen, dass sie dort guten Gewissens liegt. Ihre Aura hat mir gestern einen unbeschreiblichen Angeltag beschert, danke. Es lag sicher nicht an mir oder dem Gewässer ;)
Lenny