Moinsen,
also um zu erst mal einen Alibi-Beitrag zur Ausgangsfrage ab zu liefern und nicht gleich abseits der Fragestellung zu landen, rate ich bei vielen kleinen Fischen zu wenigen großen Ködern. Bei uns dominieren ebenfalls die Kleinstzander, und auch wenn mir von der Abseitigkeit der Idee her der Grundgedanke von User Basti gefällt, die zu kapitalen Wolgazandern um zu stempeln, bleiben es doch nur kleine Fische.
Ich habe mir daher von nicht gänzlich unbekannten dritten abgeguckt, sich mit großen (oder zumindest größeren) Ködern (also 15cm aufwärts) ans Wasser zu begeben, um dann einfach mal gar keine Bisse mehr zu bekommen. Klappt super...
Ok, kommen wir aber zur Alterspyramide. So einfach ist das mit den Fischen nicht. In einem natürlichen Gewässer hängt die Alters-/Größenverteilung von verschiedenen Faktoren wie Struktur- bzw. Habitatsdiversivität und Gewässergröße ab. Will unter anderem heißen, dass es z.B. eine große Rolle spielt, wie die Laich- und Aufwuchsbedingungen oder wie groß die verschiedenen Lebensräume sind.
Sehen wir mal von einem kleinen Teich ab, in dem am Ende tatsächlich nur noch ein großer Hecht übrig bliebe und die Alterstruktur so höchstens noch einer Pyramide, wie sie vielleicht Dalí gemalt hätte, nahe käme, und schauen uns richtige Gewässer an. Praktisch jedes Tier wächst bis zum Erreichen der Geschlechtsreife sehr schnell, danach jedoch nur noch sehr langsam, da viel Energie für die Produktion der Gonaden verbraucht wird. Darauf - nämlich der Sterilisation - basieren auch die dänischen Monsterpufftrutten, die keine Eier oder Spermien entwickeln und so fast ununterbrochen wachsen. Ist aber bei den Fischen in unseren Gewässern nicht der Fall. Das heißt, das Wachstum "entschleunigt" (ich liebe dieses Wort) bei erreichen der Geschlechtsreife, also bei der gebräuchlichen Schonmaßregelung kurz vor Erreichen des Mindestmaßes.
Genau hier setzt der Berufsfischer an und versucht, diese nun relativ unproduktiven Fische nach Ihrem ersten Ablaichen dem Gewässer zu entnehmen und zu verkaufen. Denn die maximale Biomasseproduktion des Gewässers ist eben dann abschöpfbar, wenn man den größten Umsatz von aufgenommener Nahrung zu Massezuwachs beim Einzelfisch hat. Genau darum fängt man bei uns in den hart bewirtschafteten Gewässern nahezu nur kleine und nur sehr wenig große. Und genau das hat der Berufsfischer wohl Norbert erzählt, nur dass er dummerweise die Formulierung "ohne Befischung keine gesunde Alterspyramide" gewählt hat (sinngemäß).
Das ist natürlich totaler Schwachsinn, aber bei Berufsfischern wundert mich persönlich ja gar nichts mehr. Es stellt sich sehr wohl eine gesunde Alterspyramide ein, nur sieht eine gesunde Alterspyramide nicht wie eine Cheopspyramide , sondern eher wie eine Wallace-Mondrakete (der übrigens aus Käse ist) aus, nur nicht bauchig, versteht sich. Das heißt, die Verluste nehmen mit dem Altern der Jahrgänge nicht nur absolut, sonder vor allem prozentual ab. Das bedeutet, von der Brut stirbt in den ersten zwei Wochen 95%, das erste Jahr überleben 80% usw. bis sie eben 50-60cm groß sind und es ohne menschliche Entnahme praktisch kaum noch Verluste gibt. Da ist dann nicht mehr viel von der Pyramidenform zu sehen, da ist das mehr ein Empire-State-Building.
Dazu kommt dann eben noch, dass wenn weniger große Fische da sind, die Verluste in den unteren Jahrgängen weit geringer Ausfallen, weil eben die größten Verluste auf Kosten der Fressfeinde gehen. Und das sind bei den Raubfischen nun mal vor allem auch die größeren Exemplare der eigenen Art. Das verstärkt dann noch den oben genannten Effekt, ganz besonders dort, wo die Habitatbedingungen eigentlich gar nicht mal so sonderlich gut sind und viele Jungfische vor allem wegen der eher wenigen Fressfeinde denn den guten Lebensraumverhältnissen überleben - wie z.B. am hochgradig degradierten Rhein.
So kommt dann beim Angler an gesunden Gewässerstrecken der Eindruck zustande, dass es wenig/zu wenig Nachwuchs gibt, was aber Unsinn ist, denn natürlich gibt es weniger Einzelfische, aber insgesamt gibt es fast genauso viel Fisch - als Gesamtmasse.
So gerne ich auch Norbert sonst wiederspreche, so muss ich doch sagen, dass er mit seinen Beiträgen hier gar nicht mal so Unrecht hat

Bis auf den Verweis auf den Berufsfischer.
Gruß,
Wolf