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Fluorocarbon-Angelschnüre und PFAS – Chemie, Hersteller und Risiken
Angeln mit Fluorocarbon-Schnur: Fluorocarbon-Angelschnüre bestehen aus speziellen Fluorpolymeren, die als PFAS gelten.
Zusammensetzung von Fluorocarbon-Schnüren (PVDF und PFAS)
Fluorocarbon-Angelschnüre bestehen in der Regel aus Polyvinylidenfluorid (PVDF) – einem fluorhaltigen Kunststoff, der als Monofilament gefertigt wird[1]. Chemisch ist PVDF ein Polymer mit der Formel (C₂H₂F₂)n, das in seiner Rückgratstruktur völlig fluorierte Kohlenstoffgruppen enthält (‐CF₂‐ Einheiten). Nach der Definition der OECD zählt ein solches Polymer aufgrund der vollfluorierten CF₂-Gruppen zur Klasse der per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS)[2]. Mit anderen Worten: In der Polymerstruktur selbst sind PFAS-typische Bindungen vorhanden. Deshalb fallen 100 % Fluorocarbon-Schnüre aus PVDF unter PFAS – die EU diskutiert sogar ein Verbot aller Stoffe, die mindestens eine vollständig fluorierte Methyl- (–CF₃) oder Methylengruppe (–CF₂–) enthalten[3]. Fluorocarbon-Schnüre wurden bereits Anfang der 1970er eingeführt; z.B. brachte Kureha (Seaguar) 1971 die erste Angelschnur aus PVDF auf den Markt[4].
Verwendung von PFAS bei der Herstellung (Produktionshilfsstoffe)
Bei der Produktion von PVDF und ähnlichen Fluorpolymeren wurden traditionell PFAS-haltige Hilfsstoffe eingesetzt. Insbesondere kamen perfluorierte Tenside (Emulgatoren) wie PFOA (Perfluoroctansäure, C8) oder PFNA (Perfluornonansäure, C9) zum Einsatz, um die Polymerisation in wässriger Emulsion zu ermöglichen[5]. Das heißt, PFAS-haltige Chemikalien wurden dem Prozess zugesetzt, um Monomere in Lösung zu halten und die Reaktion zu steuern. Zwar sind diese Emulgatoren nicht Bestandteil der fertigen Angelschnur, können aber als Rückstände im Material verbleiben oder während der Produktion in die Umwelt gelangen. In den letzten Jahren haben einige Hersteller (z.B. Arkema mit Kynar FSF®-PVDF) auf PFAS-freie Polymerisationshilfen umgestellt[6][7]. Historisch wurden jedoch vielfach langkettige PFAS wie PFOA verwendet und später durch kurzkettigere PFAS ersetzt – mit ähnlichen persistenten Eigenschaften[8]. Eine aktuelle Analyse stellt klar: „Die Emissionen aus Fluorpolymer-Produktionsstätten in Luft und Wasser sind weiterhin erheblich, und die Produktion von Fluorpolymeren führt nach wie vor zur Einführung persistenter Substanzen in die Umwelt.“[9]. Dieses Zitat verdeutlicht, dass selbst moderne Produktionsprozesse ohne strenge Kontrollen PFAS-Verunreinigungen verursachen können.
Enthalten Fluorocarbon-Markenprodukte PFAS?
Ja – sämtliche Fluorocarbon-Angelschnüre auf dem Markt bestehen aus PVDF oder ähnlichen Fluorkunststoffen und enthalten damit polymeres PFAS in ihrer Struktur. Namhafte Marken und Hersteller wie Seaguar, Shimano (Ocean Fluorocarbon), Berkley (Trilene 100% Fluorocarbon), Sunline u.a. verwenden allesamt PVDF-Polymere für ihre Fluorocarbon-Produkte (oft als „100 % Fluorocarbon“ deklariert). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte Marken auf andere, PFAS-freie Materialien umgestiegen sind – Fluorocarbon ist per Definition ein PFAS-Kunststoff[2]. Offizielle Produktangaben bestätigen, dass das Basismaterial stets PVDF ist[1]. In der verfügbaren Literatur fanden sich keine wissenschaftlichen Untersuchungen oder journalistischen Enthüllungen, die einzelne Marken speziell mit zusätzlichen PFAS-Kontaminationen (etwa durch Beschichtungen o.ä.) in Verbindung bringen. Die potentielle PFAS-Belastung betrifft daher die Produktkategorie insgesamt, nicht nur einzelne Hersteller. Behörden ordnen Fluorocarbon-Schnüre generell als PFAS-haltige Produkte ein – so listet z.B. die Umweltbehörde in Minnesota monofile Angelschnüre neben Regenbekleidung als Outdoor-Artikel, die PFAS enthalten[10]. In US-Bundesstaaten wie Maine und Minnesota wurden Gesetze verabschiedet, die den Verkauf von Verbraucherprodukten mit absichtlich zugesetzten PFAS künftig verbieten bzw. stark einschränken[11][12]. Darunter fallen perspektivisch auch Fluorocarbon-Angelschnüre, was Hersteller weltweit unter Druck setzt, PFAS-freie Alternativen zu finden. Bisher sind jedoch keine alternativen Schnurmaterialien bekannt, die die besonderen Eigenschaften (Unsichtbarkeit unter Wasser, Abriebfestigkeit) von PVDF erreichen.
Umwelt- und Gesundheitsrisiken von Fluorocarbon-Schnüren
Umweltaspekte: Aus ökologischer Sicht bergen Fluorocarbon-Schnüre erhebliche Risiken. Das Material ist extrem langlebig und praktisch nicht abbaubar. Labortests zeigen, dass PVDF-Angelschnüre weder durch UV-Strahlung noch durch biologische Prozesse zersetzt werden können[13]. Geht eine solche Schnur in Gewässern verloren oder wird in der Natur entsorgt, bleibt sie dort über Jahrzehnte bis Jahrhunderte erhalten – daher der Begriff „Ewigkeitschemikalie“. Im Vergleich zu gewöhnlichem Nylon zersetzen sich Fluorocarbon-Reste quasi nie, sondern fragmentieren höchstens allmählich zu immer kleineren Stücken. Diese Mikroplastik-Partikel können von Wasserorganismen aufgenommen werden oder sich in Sedimenten anreichern. Da Fluoropolymere wasser- und fettabweisend sind, können sie außerdem andere Umweltgifte (inklusive mobile PFAS-Verbindungen aus dem Wasser) an sich binden und weitertragen. Die Entsorgung fluorhaltiger Polymere ist problematisch: Werden alte Angelschnüre verbrannt (z.B. in Müllverbrennungsanlagen), ist eine vollständige Zerstörung der C-F-Bindungen technisch anspruchsvoll. Bei unvollständiger Verbrennung können kleinere persistente Fluorchemikalien entstehen, etwa Trifluoressigsäure (TFA), die sehr langlebig ist und mittlerweile verbreitet in der Umwelt nachgewiesen wird[14]. Gelangen Fluoropolymer-Abfälle auf Deponien, werden sie dort nicht abgebaut – PFAS-haltige Bestandteile können mit der Zeit ins Sickerwasser übergehen oder als Feinpartikel vom Wind verteilt werden[14]. Recycling von Fluorocarbon-Schnüren gestaltet sich ebenfalls schwierig: Wegen fehlender Rücknahmesysteme und der Mischung mit anderen Abfällen wird PVDF aus Verbrauchsprodukten so gut wie nie werkstofflich recycelt[15]. Insgesamt tragen Fluorocarbon-Angelschnüre so zur akkumulativen PFAS-Belastung der Umwelt bei – jede freigesetzte Schnur erhöht die langfristige Kontamination, da das Material persistent ist und problematische Vor- bzw. Abbauprodukte freisetzen kann[16][17].
Gesundheitsaspekte: Für Angler im direkten Umgang mit der Schnur besteht keine akute Vergiftungsgefahr, da PVDF als makromolekularer Feststoff relativ inert ist und nicht wie z.B. eine PFAS-haltige Beschichtung ausblutet. Allerdings liegen die indirekten Gesundheitsrisiken in der Umweltwirkung der „forever chemicals“. Gelangen verlorene Schnüre in aquatische Ökosysteme, können sie – wie oben beschrieben – zur PFAS-Ausbreitung beitragen. PFAS reichern sich in der Nahrungskette an: Wildfische aus belasteten Gewässern weisen oft erhöhte PFAS-Werte (insbesondere langlebige Substanzen wie PFOS, PFOA etc.) im Gewebe auf[18][19]. Der regelmäßige Verzehr solcher Fische kann zu einer erheblichen PFAS-Aufnahme beim Menschen führen[19][20]. Bereits eine Fischmahlzeit pro Woche kann genügen, um die von Behörden als tolerabel eingestuften Mengen zu überschreiten[20]. PFOS und PFOA – zwei klassische Vertreter – gelten als gesundheitsschädlich und möglicherweise krebserregend[21]. Generell stehen viele PFAS in Verdacht, das Immun- und Hormonsystem zu beeinträchtigen, den Cholesterinspiegel zu erhöhen und die Fruchtbarkeit zu vermindern, teils schon bei niedrigen Konzentrationen[22]. Die langlebigen Chemikalien reichern sich im Körper an (Halbwertszeiten von mehreren Jahren) und eine chronische Exposition wird mit erhöhten Risiken für bestimmte Krebserkrankungen, Entwicklungsstörungen bei Kindern und andere Gesundheitsschäden in Verbindung gebracht[22]. Obwohl PVDF selbst – isoliert betrachtet – in einigen Industriezweigen als biokompatibel und lebensmittelecht gilt (z.B. für Filter in der Wasseraufbereitung)[23], bleibt das Gesamtbild kritisch: Die Verwendung in Angelschnüren führt bei Freisetzung in die Umwelt zur diffusen Belastung mit persistenten Fluorverbindungen, die letztlich Mensch und Tier über Umwege schädigen können. Zusammengefasst bergen Fluorocarbon-Schnüre kein unmittelbares Giftigkeitsrisiko beim Anfassen, wohl aber langfristige Umwelt- und Gesundheitsrisiken durch die von ihnen eingebrachten „Forever Chemicals“. Es handelt sich um ein klassisches Dilemma: Einerseits bieten diese Hochleistungspolymere den Anglern praktische Vorteile, andererseits tragen sie zur dauerhaften Kontamination von Umwelt und Nahrungskette mit PFAS bei – ein Problem, dem sich Aufsichtsbehörden jetzt verstärkt widmen.
Fazit: Fluorocarbon-Angelschnüre enthalten aufgrund ihres PVDF-Materials PFAS in der Polymerstruktur. PFAS-Verbindungen werden auch in der Herstellung eingesetzt, was zu Emissionen führen kann. Wissenschaftliche und behördliche Quellen bestätigen die Persistenz dieser Schnüre und weisen auf mögliche Umwelt- und Gesundheitsgefahren hin. Zwar sind bislang keine einzelnen Marken durch besondere PFAS-Zusätze aufgefallen – die Problematik betrifft vielmehr alle Fluorocarbon-Schnüre gleichermaßen – doch angesichts neuer PFAS-Regulierungen (z.B. geplante Verbote in der EU, Maine/Minnesota) wächst der Druck, nach umweltfreundlicheren Alternativen zu suchen[11][3]. Bis solche verfügbar sind, bleibt Fluorocarbon ein zweischneidiges Schwert: effektiv beim Angeln, aber mit dem Makel der „Ewigkeitschemie“. Die Entsorgung und der sparsame Einsatz dieser Schnüre sollten deshalb mit Bedacht erfolgen, um unnötige PFAS-Freisetzungen zu vermeiden.