Das ist ein, wie ich finde, sehr spannendes Thema und hat neben den obligatorischen Floskeln sehr viel Potential für spannende Geschichte und Erlebnisse. Nicht umsonst gibt es das (sehr zu empfehlen) Buch:
Die schönsten Fische, die wir nicht gefangen haben
Schade ist es dann, wenn die obligatorische Szene-Polizei und Moralapostel um die Ecke kommt und das eigene Befinden als den Maßstab setzt um anderen damit zu denunzieren oder herabzuwürdigen. Würde es danach gehen: Am besten keine Fotos mehr machen, nicht im Forum darüber schreiben, nicht mehr angeln und im stillen Kämmerlein einen auf harten Hund machen... Dabei wird ein wichtiger Aspekt vernachlässigt: Jeder Mensch hat ein andere Empfinden und Werteempfinden. Und das sollte man niemanden absprechen.
Nun zum Thema.
Ob es einen juckt oder nicht, wenn man einen großen oder guten Fisch verloren hat, hängt auch ganz stark von der
Situation ab. Ein guter Meterhecht, 50er Barsch oder 90er Zander wären wahre Traumfische für mich. So einen zu Fangen... ich würde durchdrehen vor Freude. So einen zu verlieren.... es hängt ganz von der Situation ab.
Ein ganz besonderes Erlebnis habe ich dann irgendwann einmal zu Text gebracht und darüber geschrieben. Unter dem Titel
Der alte Mann und der Graben habe ich dieses Erlebnis damals niedergeschrieben. Ich habe schon sehr viele Fische verloren und vor allem sehr viele große. Bei manchen bilde ich mir ein, dass dies Große und besondere Ausnahme-Fische gewesen sind. Andere habe ich gesehen und kann diese recht eindeutig als Kapitale Exemplare deuten. So ein 90plus Zander, der an der Oberfläche den Kopf zum "nein!" geschüttelt hat, ehe er mit der Schwanzflosse gewinkt hat. Mein Kollege hat dieselbe Größe geschätzt. Was habe ich da gemacht? Ich habe mich gefreut so ein Exemplar am Haken gehabt zu haben und das dieser Fisch in dem jeweiligen Gewässer vorkommt. Danach habe ich weiter geangelt. Das Erlebnis war positiver Natur und es hat mich kein Stück gestört.
Aber als ich den Hecht aus meiner Geschichte im Graben verloren habe, danach habe ich mehrere Minuten stillschweigend da gesessen und der Rest hat schnell begriffen.... klappe halten. Das war ein für mich bewegender Moment. Hier ein Auszug aus dem Text:
Ab diesen Moment verspürte ich nur noch pures Entsetzen, gefolgt von einer tiefen Trauer, diesen einmaligen und besonderen Kampf verloren zu haben. Ich habe schon viele große Fische verloren. Aber noch nie hat mich einer dieser Verluste so sehr mitgenommen und eine derartige innere Leere hinterlassen. Timo versuchte mich noch zu trösten, ehe er die Situation begriff und sich einfach nur stillschweigend neben mich setzte. Wir haben noch einige Minuten dagesessen, gemeinsam geschwiegen und ungläubig auf den Graben in Richtung Horizont geschaut …
Komischerweise sind immer die Verlorenen die richtig dicken Kaliber. Manchmal frag ich mich, ob wir sie uns größer vorstellen als sie wirklich sind...
In vielen Fällen ist es wirklich so. Das Gewicht an der Rute, die Drillkraft und ähnliches lassen eben einen besseren Fisch vermuten.
Manches Mal hat es sich bewahrheitet, in anderen Situationen war der Fisch viel kleiner als erwartet da er entweder einen unerwartet starken Drill geliefert hat oder aber vielleicht quergehakt war und dadurch schwerer wirkte.
Musste beim Titel etwas schmunzeln...seelisch verkraften muss man einen herben Verlust, Todesfall oder ähnliches aber ganz sicher keinen verlorenen Fisch
Am Ende entscheidest aber nicht du, wer so etwas seelisch verkraften muss oder nicht. Natürlich ist "seelisch verkraften" weit her geholt und nur in den seltensten Situationen passend. Aber es gibt viele Situationen, in denen man an so etwas zu knabbern haben kann. Ob es nun die letzten Tour mit einem verstorbenen Freund gewesen ist, der es nicht geschafft hat den Fisch zu landen.... (So eine ähnliche Geschichte gibt es in dem Buch)
Situationen gibt es genug. Aber - und da magst du richtig liegen - in den meisten Situationen regt man sich nur kurz auf, schüttelt den Staub aus dem Schlüpper und weiter gehts
Verstehe manchmal die Leute nicht wenn ich sowas lese.Wenn man die Fische nicht essen möchte,sondern nur zu Freude angelt,was juckt dann ein ausgestiegener Fisch ?
Um so etwas verstehen zu können, muss man sich auch dafür öffnen, dass andere Menschen anders empfinden können oder andere Situationen erlebt haben, als es bei dir der Fall ist. Nicht jeder empfindet oder denkt gleich. Nicht jeder fängt gleich gut oder wertet einen Fang ähnlich. Und wenn man sich dem bewusst ist... dann kann man es verstehen.
Stell dir einen Meerforellen Angler vor. Fisch der 1000 Würfe heißt es. Und wir alle wissen... 1000 Würfe sind nur symbolisch gemeint, es sind weitaus mehr. Und wenn jemand es nur einmal im Jahr schafft, einen Urlaub zu machen um auf diesen Fisch zu angeln. Und er schafft es nicht im ersten und nicht im zweiten Urlaub. Und dann hat er den Endgegner dran und verliert diesen, auf den er über Jahre hinweg hin gearbeitet hat.... Ich glaube da versteht jeder, dass man so einen Verlust nicht so leicht weg steckt.
Und auch wenn wir unsere Fische zurücksetzen... Wir angeln um den Fisch zu fangen, nicht um ihn zu verlieren. Auch der Fußballer spielt aus Spaß... aber man möchte schon das Tor schießen und nicht daneben ballern.