Fangberichte Das Boddenmonster – Teil 1


Zusammen mit Felix bin ich Ende Oktober an den Kubitzer Bodden gefahren, um ein Video über das Hechtangeln in den Boddengewässern zu drehen. Nicht dass ich als Barsch-Freak Euch zeigen wollte, wie man Meterhechte fängt – im Gegenteil: auch ich wollte dabei etwas lernen. Und zwar von unseren Hauptdarstellern Uwe Pinnau (Präsident des Deutschen Hechtangler Clubs), Holger Ruoß (Gründer und Chef des Team FISH&nature), Joachim Stollenwerk und Markus Buchelt (beide vom Fachversand Stollenwerk).


Die Kollegen waren schon einige Tage vor uns in Barhöft. Die Meldungen bis zu unserer Ankunft waren eigentlich sehr positiv: einen Meterhecht hatten sie schon landen können. Überhaupt zeigten sich die Hechte sehr bissig. Überraschenderweise konnte Markus viele Fische mit dem ca. 30 cm tief laufenden Eins Minus von Mann’s überlisten. Dabei hatte man eigentlich angenommen, dass die Fische tiefer stehen. Doch gerade die Krautbänke in Wassertiefen von drei bis vier Metern erwiesen sich als die besten Reviere. Von unten schossen die Entenschnäbel auf den Flachläufer. Insgesamt also sehr aussichtsreiche Bedingungen. Nur eine bedrohlich näherziehende Schlechtwetterfront bereitete Felix und mir Bauschschmerzen.


 

Und tatsächlich: als wir ankamen, hatte der Wind derart aufgefrischt, dass wir teilweise kaum zum Angeln kamen. In den Angelpausen konnten wir viel von unseren Experten lernen. Hier ein paar wichtige Details zum Thema Boddenangeln:


· Entgegen aller Vorhersagen bissen die Hechte auch Ende Oktober relativ flach.
· Bevorzugte Aufenthaltsorte waren die Kanäle zwischen den Sandbänken.
· Wenn die Strömung stärker wurde, verzogen sich die Hechte aus diesen Kanälen und siedelten sich im Auslaufgebiet an.
· Boddenhechte sind Wanderfische. Man muss sie suchen.
· Boddenhechte wachsen durch das überragende Nahrungsangebot (Heringe, Schollen, Weißfischbrut, Barsche, Garnelen) fast doppelt so schnell wie ihre Kollegen aus dem Süßwasser.
· Wenn Salzwasser hereinschwappt (lange anhaltender auflandiger Wind), ist den Hechten das Maul fast vernagelt.
· Es gibt allerdings auch eine Hechtspezies, die sich darauf spezialisiert hat, weit vor der Küste zu jagen. Diese Hechte bekommt man im Herbst allerdings kaum an den Haken. Die hellen Ostseehechte fängt man hauptsächlich nach der Laichzeit, wenn sie noch im Flachwasser stehen.
· Die Barschfänge sind stark rückläufig. Konnten die Profis früher noch Mülltütenweise Fische abräumen, so muss man heute froh sein, wenn man einen Dickbarsch zu Gesicht bekommt – gleichwohl es immer noch sehr große Exemplare gibt, die aber weit draußen in der Ostsee leben.


So weit, so gut. Natürlich haben unsere Protagonisten einige mittlere Hechte fangen können. Bis das Boddenmonster endlich zuschlug:


Zur Mittagszeit am zweiten Tag unserer Exkursion gönnte sich Felix mal eine Drehpause. Mit der feinsten Rute an Bord fischte er einen ca. 15 cm langen Gummifisch. Plötzlich ein Aufschrei: „Er hängt.“ Die Rute war mehr als krumm. Das konnte kein Schlechter sein! Nach relativ kurzem Drill sahen wir den Fisch vor uns. Gut 1,2 m musste der gehabt haben. Weil wir den Fisch natürlich unbedingt auf Band haben mussten, forderte ich Felix auf, die Kamera zu nehmen und Uwe weiterdrillen zu lassen. Die Rutenübergabe funktionierte. Der Hecht allerdings war noch nicht wirklich ausgedrillt. In einer krassen Flucht zog er unter dem Boot weg in Richtung Ankerseil. Felix hatte die Kamera jetzt endlich bereit. Dann das Unfassbare: die Rute erschlaffte plötzlich. Der Hecht war mitsamt dem Gummifisch in die Freiheit entkommen. Er hatte das Stahlvorfach auseinandergenommen!


Verständlicherweise war Felix relativ sauer auf mich, weil er der Ansicht war, dass er mit seiner übervorsichtigen Drilltaktik mehr erreicht hätte, als Uwe mit dem Dagegenhalten. Im Nachhinein schwer zu sagen. Denn eigentlich hatte Uwe alles richtig gemacht. Schließlich wäre der Hecht ins Ankerseil gelaufen. Ob er das nicht gemacht hätte, wenn Felix durchgehend am Ball geblieben wäre? Man weiß es nicht.


Eine Lehre kann man jedoch aus diesem Ausflug ziehen: „Auf Hechte lieber etwas zu grob als zu fein!“


Denn obwohl wir wirklich alles gaben – allen voran Holger, der uns auch bei Windstärke 9 noch zum Großhecht verhelfen wollte – konnten wir kein Boddenmonster mehr vor die Kamera führen. Der Film war gefloppt, ein Haufen Geld vernichtet, doch ein paar neue Freunde (und diese schönen Bilder) gewonnen.



Holger zum Beispiel wird im Herbst des nächsten Jahres spezielle Barschangel-Exkursionen nach Schweden anbieten, die wir Euch wärmstens ans Herz legen können. Der Mann hat es echt drauf. (Natürlich fangt Ihr da dann auch Hechte ohne Ende). Auch mit Uwe verbindet uns mehr als die Angelei und ich bin mir sicher, dass wir uns noch häufig sehen werden. Stolli und Markus besuchen wir vielleicht Anfang nächsten Jahres in Barhöft, wenn sie zur Fortsetzung der Jagd auf das Boddenmonster blasen…


Danke Leute, war ein (h)echt geiler Ausflug.


(jd)


P.S. Fortsetzung folgt!



U
  • U
    Uwe
  • 29.11.2002
Also das war schon so ein Kreuz mit dem Boddenmonster. ich glaube niemand hat sich so sehr über diesen Fischverlust geärgert wie ich. Ich muß allerdings noch folgendes hinzufügen: 1. Nicht das Stahlvorfach sondern der Karabiner ging in die Knie.<br />
2. Von "hart rannehmen" konnte keine Rede sein, ich hielt die Rute nach wie vor ohne Veränderung der Bremseinstellung in der Hand und versuchte vorsichtig ob des leichtenGeräts Kontakt zu halten, als urpötzlich der Stecken schlaff wurde. Bin mir also keiner Schuld bewußt und weiß eigentlich schon ziemlich genau was ich da mache.
D
sollte keine schuldzuweisung sein. du hast alles richtig gemacht. der einzige, der die nerven etwas verloren hatte, war ich.<br />
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und dass du übernommen hast, um dann gleich mit einer erschlafften rute dazustehen war natürlich pech. ein klassischer materialfehler. <br />
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der karabiner war am vorfach dran, insofern teil des systems "stahlvorfach". werde mich bemühen, etwas präziser zu sein.<br />
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D