Eigenbau Von der Rute zur Rutenbaubank!


Wie man in Bayern so schön sagt; „Die Stade Zeit steht vor der Tür“. Das ist eigentlich die Zeit, wo die Angelaktivitäten bei manchen eher nachlassen und man das Jahr etwas Revue passieren lässt. Diese Phase ist echt ideal dafür; man kann sich in der Werkstatt verkriechen, während es draußen langsam ungemütlich wird (auch wenn das in diesem Jahr, nicht so der Fall zu sein scheint).

Ich habe mir für diese Zeit vorgenommen, wieder zwei Ruten zu bauen. Da ich nichts wirklich Passendes für meinen Einsatzzweck gefunden habe, fiel die Entscheidung ziemlich schnell wieder in Richtung Eigenbau. Zwei Bootsruten für die Wallerfischerei sollten es diesmal werden. Hauptsächlicher Einsatz ist das Klopfen und Vertikalfischen.

Nach langen Recherchen in diversen Foren und im Internet und Rutenbau-Online Shops generell, wusste ich welche Komponenten es sein müssen.

Blank: Xzoga Taka G66 15kg

Beringung: Fuji K Sic Guides 9+1 (Gr.20 – Gr. 08)

Rollenhalter: ALPS Dalt Gr. 20

Besondere Merkmale die mir fürs Design wichtig waren: Understatement, Zierwicklungen in Silber (die mit meiner verwendeten AVET SX 5.3 in Silber harmonieren), Unterwicklung der Ringe und eine kurzen Griff mit langem Vorgriff.

Die ersten 2 Wochen verbrachte ich damit, Rute Nummer 1 (wie alle Ruten zuvor), auf meiner nunmehr schon fast 20 Jahre alten, aus Holz gebauten Rutenwickelbank zu bauen. Sprich Griffmontage (was für die Holzbank, kein Thema ist) aber auch das Wickeln der Ringe. Bei einer 9+1 Beringung mit Unterwicklung, war das irgendwie kein Spaß mehr. Die Reibung in den Holzauflagen die mit Tape gegen Kratzer oder Schleifspuren am Blank gesichert sind, ist dann doch sehr hoch. Wenn man mal 2 Stunden damit verbracht hat den Blank zu drehen inkl. der Beibehaltung der Fadenspannung, merkt man das am nächsten Tag schon deutlich im Handgelenk.

Die Unterfütterung für den Rollenhalter.
Die Unterfütterung für den Rollenhalter.

 

Die Wandstärke der (Bild Rute 1) Taga G66 ist schon mächtig! Im Hintergrund die Wickelbank aus Holz.
Die Wandstärke der Taga G66 ist schon mächtig! Im Hintergrund die Wickelbank aus Holz.

 

Die Griffe beider Ruten während der Aushärtungszeit des Klebers.
Die Griffe beider Ruten während der Aushärtungszeit des Klebers.

 

Meine Holzbank ist zwar bis zu einem gewissen Grad flexibel, aber diese hat leider nicht ganz ausgereicht um nur den Blank in den V-Auflagen liegen gehabt zu haben, um das Drehen des Blanks zu erleichtern. Da ich die Abschlusskappe am Schluss montiere, hatte ich wenigstens hier ca. 4 cm Blank, den ich in der V-Auflage liegen hatte, was aber zur Folge hatte, dass ich penibel darauf achten musste das dieser beim Drehen des Blanks nicht „rausfällt“. Ich biss jedoch die Zähne zusammen die Rute auf der alten Holzbank fertig zu stellen, während ich gedanklich schon wieder an einem neuen Thema dran war…einer neue Rutenwickelbank am besten mit kugelgelagerten Rollen und Motor.

Während Rute Nummer 1 einen Lackierdurchgang bzw. eine Trocknungsphase nach der anderen genießen durfte, bin ich im Internet am Stöbern um nach einer passenden Rutenbaubank zu suchen.

 

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Rute Nr. 1 ist bereits fertig.

Xzoga-1 Xzoga-3

 

Die Preise allerdings haben es echt in sich, zwischen 400 – 550€ muss man schon rechnen wenn man eine Vernüftige haben möchte. Wohl gemerkt mit Motor und Fußpedalsteuerung.

Der Preis ist doch etwas hoch für ein solches Teil, ABER ich dachte mir das es doch möglich sein sollte, eine relativ stabile Bank zu einem deutlich günstigeren Preis selber bauen zu können. Tja, was soll ich sagen…Projekt Nummer 2 war geboren!

Ich entschied mich für eine Aluminium Konstruktion, welche relativ einfach herzustellen ist. Ich verwendete dazu Aluminium Profile Nut 8 I 40×40 (Ich bin nicht der Erste, der diese Profile für eine Rutenbaubank verwendet!). Auf der Internetseite www.Easy-Systemprofile.de findet man dazu alles was man benötigt. Winkel, Muttern Schrauben & Abdeckkappen etc. und das Schöne: Die Profile werden gleich auf die gewünschten Maße geschnitten.

 

Die Teile sind geliefert, jetzt kann es los gehen!
Die Teile sind geliefert, jetzt kann es los gehen!

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Der Rest jedoch ist eigene Engineering-Leistung! Wie sollen die Konsolen gestaltet sein? Kugelgelagerte Rollen …unbedingt , aber wo her? Flexibilität, aber wie und in wie weit? Fadenhalterung vertikal oder doch lieber horizontal?

Aber erstmal langsam und Stück für Stück, ohne hier zu sehr ins Detail zu gehen (Bilder sagen hier einfach mehr).

Die Basis für die drei Konsolen (das sind die „Türme“ wo die Halterungen mit den drei Rollen sitzen) wurden ebenfalls aus den Nut 8I Profilen erstellt. Zwei Fixe außen und eine Flexible in der „Mitte“ (oder wo man sie am liebsten hat). Alle samt befestigt auf der ersten langen Traverse, hinten. Die zweite Traverse vorne, dient der Fadenführung welche auf ihr beweglich wie ein Schlitten nach rechts o. links verschoben werden kann oder ggf. auch fixiert werden kann.

Bei den Rollenhalterungen, welche dann die Konsolen komplettieren, griff ich auf Alu-Flachmaterial (20mm x 5mm) zurück. Das ist ausreichend stabil und läßt sich optimal bearbeiten, was das Schneiden, Bohren und Gewindeschneiden angeht. Die Rollen (pro Konsole 3 Stück, gesamt also 9 Stück) mit einem Durchmesser von 45mm mit ABEC Kugellager und Gummilauffläche, konnte ich neu in der Bucht ersteigern. Angeblich kann man diese aber auch über diverse Rutenbauer beziehen, durch direkte Anfragen. Hier braucht man einfach ein wenig Glück!

 

 

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Die beiden unteren Auflage-Rollen habe ich mit einem Bohrabstand von 35mm, Seiten versetzt angebracht. Dazu mussten M8 Gewinde geschnitten werden. Nachdem die Rollen inkl. passender Scheiben (die das Kugellager nicht blockieren) montiert sind, ist das „V“ zu erkennen, welches später den Blank führt.

Die vertikale Befestigung für die „Sicherungs-Rolle“ wurde mit einem Langloch ausgestattet. Für die Konsole 1 welche unter Umständen den Griff fixieren muss, beträgt das Langloch 6,2mm x 35mm. Mit dem Rollenhalter der Sicherungs-Rolle ermöglicht dies, Griffe bis zu einem Durchmesser von 45mm sicher zu fixieren. Die Langlöcher der anderen beiden horizontalen Befestigungen betragen nur noch 6,2mm x 20mm da sie für die Fixierung des Blanks vorgesehen sind. Fixiert werden diese je mit einer M6 Rändelschraube. Ich habe mir hierzu lange Gedanken gemacht und die hier umgesetzte Lösung, war meiner Meinung nach die Schönste und Praktikabelste wenn auch etwas aufwendiger, da mittig auf dem Konsolenprofil sitzend und mit nur einer Schraube, der Rollenträger an den Blank angepasst werden kann und die Feineinstellung der „Sicherungs-Rolle“ nur noch ein kleines Drehen an der Rändelschraube darstellt. Das Ganze schön stabil! Das obliegt aber jedem selbst, welche Lösung er hier haben möchte. Schließlich gibt es hier mehrere Möglichkeiten. Das kostet ein „wenig“ Arbeit in Hinsicht Sägen, Bohren, Schleifen, Feilen und Gewindeschneiden und in meinem Fall auch noch Nieten.

 

Das Bohren und Gewindeschneiden waren der größte Teil der Arbeit.
Das Bohren und Gewindeschneiden waren der größte Teil der Arbeit.

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Einzelteile der 3 Konsolen beim finalen entgraten vorm Vernieten
Einzelteile der 3 Konsolen beim finalen entgraten vorm Vernieten. Hier gut zu erkennen die Langlöcher der Vertikalen.

 

Fertiges Rollenelement
Fertiges Rollenelement .

 

Der Fadenspanner gestatet sich im Vergleich zu allem anderen, fast schon als komplex. Ich habe mich für eine waagrechte / horizontale Spulenhalterung entschieden. Warum, ist ganz einfach. Ich denke, dass somit weniger Drall beim Abspulen in das Garn gerät. Bei einem direkten Abspulen ohne umlenken, ist die Gefahr gegen null. In der Vergangenheit, hatte ich vor allem bei Metallic-Garn und einer vertikalen Positionierung der Garnspulen des öfteren Probleme mit Drall was einem schnell mal zur Weißglut bringen kann. Das gehört nun mit der neuen Halterung der Vergangenheit an. Die Fadenkonsole fasst bei mir 4 Spulen, die jeweils auf einer im Aluprofil durchgängigen M6 Gewindestange sitzen. XXL Scheiben mit aufgeklebtem Filz dienen links und rechts der Spule als „Bremse“, welche über eine Feder und eine M6 Rändelmutter fein eingestellt werden kann. Die Fadenspannung kann so optimal auf die jeweiligen Garnarten, Stärken bzw. Situationen angepasst werden. Mittels zwei M6 Rändelschrauben kann die Position beliebig auf der ersten Traverse fixiert werden, während die Fadenführung auf der zweiten Traverse flexibel verschiebbar ist, aber auch durch drehen der Fadenführung fixiert werden könnte (bei Bedarf).

 

 

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Ich habe lange überlegt, ob ich mir einen Motor mit Backenfutter und Fußpedalsteuerung zulegen sollte, bin aber letztendlich zu dem Entschluss gekommen, dass es ohne auch sehr gut funktioniert und schon eine sehr große Erleichterung im Vergleich zu früher, also meiner alten Holzbank darstellt.

ABER dennoch habe ich mir schon mal die Provisions dafür an die Rutenbaubank gebaut, auf dem aktuell zumindest ein robuster Grillmotor (ca. 10U/Min) angebaut ist der wunderbare Dienste beim Lackieren leistet. Konstruktionsbedingt, ist aber das Aufrüsten eines solchen Motors inkl. Backenfutter und Pedalsteuerung jederzeit möglich und auf dem Aluprofil sehr leicht umzusetzen, so dass dann auch Kork-oder Duplongriffe auf der Bank geschliffen bzw. bearbeitet werden können.

Final habe ich an der Unterseite der Bank noch vier große Silikonpuffer angebracht die einen sehr soliden und rutschfreien Stand gewährleisten. Die Bank so wie sie hier zu sehen ist, hat mich ca. 160€ gekostet (ohne Grillmotor). Übrigens, die Bank ist gesamt (inkl. Motorhalterung) 130cm lang. Wer also die Möglichkeit hat zuhause basteln zu können und zudem mit dem Gedanken „Rutenbau“ spielt…hoffe ich durch diesen Artikel etwas motiviert zu haben. Da es meist nicht bei nur einer Rute bleibt, kann die Anschaffung bzw. das Bauen einer solchen Bank von Anfang an eine große Erleichterung sein. Ich für meinen Teil, hätte schon viel früher eine bauen sollen, aber manche Dinge müssen erst eine Zeit lang reifen.

 

Bank-2
Mit Hilfe eines Imbusschlüssels kann jederzeit alles (vorallem die Winkelverbinder) individuell an jede Situation angepasst werden.

Bank-5 Bank-3

 

Den Fertigbau der zweiten Xzoga auf der neuen Wickelbank, könnt ihr im nächsten Artikel mitverfolgen, der evtl. Anfang 2016 erscheinen wird.

Bis dahin wünsche ich den Harten unter uns dicke Fische! Schöne Grüße

Adrian Hauser

S
Interessanter Artikel
Danke dafür !
Sehr gut umgesetzt, mir gefällt die Rutenbaubank sehr, obwohl ich mit Rutenbau noch nicht zu tun hatte, aber bauen muss ich mir ne Rute auch mal.
Inspirierend. Ich bin zwar noch weit davon entfernt, mir eine Rute selber zu bauen, geschweige denn eine Rutenbaubank, aber ohne solche tollen Artikel würden Gedanken in dieser Richtung vielleicht erst gar nicht geweckt. Das wäre langfristig gesehen dann wirklich schade. Deshalb danke für diesen lehrreichen Beitrag.
Meine ist auch gerade in Arbeit, wird auch so ähnlich werden. Suche nur noch schöne Rollen, die bei EBay sind mir zu teuer da ich auch 12 Stück, also 4 Arme habe.
hi!

super beitrag! bin auch seit ein paar tagen ganz schön angefixt vom rutenbau und spiele mit dem gedanken.... sollte jemand wissen ob dazu Kurse in Österreich angeboten werden... bitte bescheid geben.

greetz
Da haste dir aber ein schickes Bänkchen gebastelt. Ich hatte eigentlich vor, die selbstgebaute Bank eines Freundes, die ich zur Zeit als Dauerleihgabe habe zu kopieren, bin jetzt allerdings am überlegen, etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen und auch so ne schicke Alu-Bank zu zimmern...
Vielen Dank! Schöne Anregung. Werde mir auch sowas basteln müssen!
Abgefahren. Dass das ein toller Bericht ist, war mir ja klar. Unglaublicher Einsatz von einem Tüftler. Zuallererst natürlich die technische Leistung und dann die Dokumentation. Es freut mich wirklich sehr für Dich, Adri, dass Du hier so ein gutes Feedback bekommst. Auf der anderen Seite wunderts mich, dass es echt Leute gibt, die sich jetzt auch so eine Bank basteln wollen. Find' ich cool, dass wir so viele Ingenieure an Bord haben. Ich wünsche allen viel Erfolg bei der Umsetzung und würde mich freuen, wenn ihr eure Eigenbauten hier mal vorstellt.
Danke an alle für das gute Feedback hier. Es freut mich, dass ich hier den einen oder anderen zum Basteln anregen / motivieren konnte :)
Guten Morgen Adri.

Ich habe mir zwar noch nie Gedanken gemacht, eine Rute selbst zu bauen..das wird auch zukünftig sicherlich nicht geschehen.
Umso mehr ziehe ich den Hut vor Menschen wie Dir. Irre mit welcher Akribie ihr so etwas durchzieht.

DANKE auch für das aufwendige Erstellen solch bebilderter Texte.

Ich wünsche Dir viel Freude mit DEINEM Gerät ;)

Bastian
Hallo und sorry das ich diesen Beitrag erst gelesen habe als ich den anderen geschrieben habe,ich finde ein Affeng.... gerät.
Eine Materialliste mit den Maßen wäre der Hit.
mfg
R