Wilde Wölfe auf Sicht / Wolfsbarsch Angeln in der Bretagne

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StephenFly

Echo-Orakel
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Wie angekündigt gebe ich mal eine kleine Zusammenfassung über die diesjährige Bretagne Tour. Zwar hatten wir zunächst überlegt die hin und Rückfahrt mit Übernachtung zu gestalten, verwarfen die Idee aber bereits jeweils schon während der Fahrt da wir außergewöhnlich gut durchkamen. So konnten wir dann bereits am ersten Tag in Ruhe einkaufen, das Zeug ausladen und auftackeln. Da wir bei der Art Fischerei enorm auf die Gezeiten achten mussten, hatten wir sogar bis zum späten Nachmittag Zeit. Wir fischten vor Ort nicht einfach nur mit der Fliege, nein, wir suchten auch noch aktiv Jagende Fische und im Idealfall Warfen wir diese auf Sicht an. Eigentlich liegt der Fokus zu 95% auf der Sichtangelei. Das so genannte Blind Casting mit Streamer und Shrimp Fliege funktioniert natürlich auch, wer aber mal die Möglichkeit hatte, einen vorher Anvisierten Wolfsbarsch anzuwerfen und vor allem auch zum Biss zu bekommen will eigentlich nicht mehr viel anderes machen. Die ersten Tage verbrachten wir nun mit einem langsamen heran tasten an das Ganze. Schon bald konnten wir die ersten Barsche sichten und auch welche landen. Allerdings nur bis max. 35-40cm und die waren neben den wirklich kleinen Fischen auch noch die Ausnahme. Nach 3 oder 4 Tagen wurde klar, das wir uns auf das neue Stellen suchen und rum probieren einstellen mussten. Unsere „Standard“ Stelle, zu der man immer mal fahren und auf einen +50cm Fisch hoffen konnte, funktionierte einfach nicht. Hatte ich am ersten Tag noch 1-2 gute gesehen, fehlten diese nun ganz, von aktiver Jagd ganz zu schweigen. Woran dies genau lag, konnten wir nicht genau beziffern, vermuteten aber ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren, wie ein zu niedriger Koeffizient (Stärke/Hohe von Ebbe/Flut bzw. der Gezeiten), das fast Vollständige fehlen von Garnelen als Hauptbeute, sowie eine extrem Starke Algenbildung.
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Das macht die ganze Angelei wirklich nicht einfacher, da man wie erwähnt, stark Gezeitenabhängig ist und gerade bei neuen Stellen sehen muss zu welchem Wasserstand man diese beangeln kann. Dabei ist es egal ob man Austernbänke, Inseln, Mündungen oder einfach Ecken mit viel Blasentang Bewuchs befischen möchte. Das kostet viel Zeit und bei +30°C war es auch enorm kräftezehrend. Leider fanden wir dabei überhaupt keine Wolfsbarsche, wobei wir zwei, drei Stellen für spätere Touren im Auge behalten werden. Einzige Ausnahme bildete eine für uns neue Ecke bei der mein Kumpel mit dem Streamer im Tiefen Wasser zwei Fische überzeugen konnte und ich jagende ausmachte. Leider war an dem Tag der Wasserstand schon zu hoch für uns und somit konnten wir quasi nicht auf Sicht angeln. An dem Tag blieb ich daher auch komplett Fischlos.
Irgendwann fing sich die Temperatur dann zum Glück, bei höchstens 25 Grad und der Koeffizient stieg ebenfalls immer weiter. Von Haus aus erstmal deutlich bessere Bedingungen für das Gemüt und tatsächlich konnte mein Kumpel nun an einem Abend einen gut genährten 55cm Barsch überlisten. Der war dermaßen fett das ich quasi auf einen 60cm Fisch gewettet hätte, aber so kann man sich täuschen. Bei mir sollte es allerdings noch bis zum Dienstag dauern. Guiding Tag! Schon seit ein paar Jahren machen wir so einen Tag mit unserem Guide Jean-Baptiste Vidal, großartiger Mann! Erstklassiger Guide! Mittlerweile kennt man sich natürlich dementsprechend gut und hat viel Spaß zusammen. Was die Sichtangelei allgemein betrifft, sind wir auf jeden Fall auf derselben Wellenlänge. Mir geht es dabei vor allem um das „Wie“ und was ich dabei noch lernen kann. Rute immer runter halten, damit der Fisch nicht gewarnt wird, woran erkenne ich aus einiger Entfernung ob Wolfsbarsch oder Meeräsche. So Punkte eben. Nachdem wir ein paar Minuten zusammen Standen und über Eigenheiten der Location sowie, die Fische allgemein gesprochen hatten zog Jean-Baptiste weiter zum nächsten. Ich bewegte mich langsam, entsprechend dem steigenden Wasser an die jeweils passende Position. Die beginnende Flut starteten wir an einem der vielen Austernparks. Das sieht quasi aus wie viele Sitzbänke nebeneinander ohne Rückenlehne, auf diesen liegen dann wie Kopfkissen aussehend Drahtkörbe mit den Austern darin. Wirkt in etwa so wie ein Kino oder Theatersaal mit breiten aber auch deutlich schlankeren freien Gängen. Das Problem dabei ist, dass die Wölfe unter diesen Austern langziehen, je höher der Befischungsdruck, desto mehr bleiben die drunter. Und natürlich wollen die Jungs bei einer Flucht volle Möhre dort wieder rein und geben entsprechend Gas. Hier muss man dann hart dagegenhalten und darf auf keinen Fall zu dünnes Fluorcarbon Fischen. Unter 0.35mm würde ich dabei gar nicht mehr anfangen. Auf jeden Fall stand ich bereit, Krebsfliege in der einen, Rute in der anderen Hand, um sofort los schlagen zu können. Am Ende der Reihe und letzten Bank konnte ich einen schwall ausmachen und Fisch erkennen. Da die Entfernung relativ groß war, konnte ich mir nicht sicher sein, ob Barsch oder Äsche, versuchte aber mein Glück. Die Krebsfliegen sind nicht ganz ohne, zum einen lassen sie sich, Aufgrund ihres hohen Gewichts, Be*** Werfen, zum anderen müssen sie Upside Down zu Grund gehen, ansonsten hängt man quasi sofort und hat keine Chance. Das Problem sollte sich bei mir aber nicht ergeben. Die Fliege landete Punkt genau wo sie sollte und wurde quasi im nächsten Moment schon genommen. Sprich sie hatte keine Chance den Grund zu Berühren. Ich hob die Rute führ den Anhieb und rumms, brutale Gegenwehr. Der Fisch hing! Das Vieh nun von den Austern wegzuhalten war natürlich nicht easy, klappte aber zum Glück nach einigen Momenten des Ringens und so konnte ich den Drill „entspannter“ Angehen. Nach etwas Zeit konnte ich den Guten dann auch sicher landen. Ne ziemliche Erleichterung muss ich gestehen. Damit war der komplette Urlaub natürlich sowas von „gerettet“ und ich im Anschluss deutlich entspannter. Man kann es zwar nicht erzwingen mit nem besseren Fisch aber so Grundgenerell hofft man ja schon drauf. Mit 52cm, war das dann zwar nicht mein Größter aber sicher der Fetteste Wolfsbarsch. Schönes Tier, hatte sogar noch so ne „Lachslaus“ auf der Wange, konnte also noch nicht ewig im Fluss unterwegs sein.
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StephenFly

Echo-Orakel
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Teil zwei weil wegen platz :sweatsmile:

Nun hieß es erstmal eine Rauchen und etwas an die Seite treten damit die Kollegen in Ruhe ihr Ding durchziehen konnten. Nun gab es über den Tag verteilt tatsächlich noch einige Chancen, aber leider verweigerten die Fische entweder, trotz deutlichem Interesse, oder flüchteten sofort, wenn die Fliege aufs Wasser kam.

Als sich das Guiding seinem Ende näherte und die Flut nun auch zu hoch wurde, stellten wir uns kurz zusammen. Jean-Baptiste hatte eine neue Stelle an der Hand, die er aktuell noch austeste und uns gerne zeigen wollen würde. Die Fahrt war zwar recht lang, aber wir hätten einige schöne Möglichkeiten zu Hand, würden was neues Sehen und Fisch gab es auf jeden Fall dort. Zudem war der Flecken auch bei hohem Wasser interessant. Dies hörte sich natürlich erstmal super gut an, versteht mich nicht Falsch aber zu dem Zeitpunkt waren wir eigentlich fürchte ich schon alle ziemlich Gar und Ko (Außer Jean-Baptiste natürlich).
Im eigenen Saft garend entschlossen wir uns also rüber zu Düsen, was solls! Schon nach kurzer Zeit konnte mein Kollege einen schönen 50er Fisch landen und hatte zwei weitere vorher schon gesehen. Interessanterweise verweigerten diese die Angebotene Shrimp Fliege wohingegen Nummer 3 bei ihm die auf Krebs geänderte Fliege sofort und mit Anlauf im Mittelwasser nahm. Spannende Beobachtung! Darüber grübelnd entschloss ich mich kein Risiko einzugehen und ebenfalls von Shrimp auf Krebs zu wechseln. An und für sich war mir das Wasser an den interessanten Stellen dafür viel zu tief, führt man die Jungs ja eigentlich im Flachwasser auf dem Grund. Egal! Würde schon werden!
Ich war nun irgendwann allein Unterwegs und späte in das 80-100cm Tiefe Wasser, 100m vor mir ein Spinnfischender Kollege, welcher wohl bislang glücklos 5 oder 6 Fische entdeckt hatte. Um ihm nicht auf die Pelle zu Rücken machte ich extrem langsam und sah mich um. Die Wölfe kommen meist aus dem Tiefen ins Flache gezogen und wandern im Anschluss an/unter dem Blasentang lang. Nun konnte ich einen wirklich gutes Exemplar ausmachen. Im Wasser wirkte der Fisch fast schwarz und bewegte sich langsam zwischen dem Tang entlang. Relativ dicht unter der Oberfläche, gute 6-8m ungefähr von mir entfernt. Ich lies den Krebs vor und zurück Schwingen und dann rüber schnellen. Einen guten Meter seitlich vom Wolf entfernt um diesen ja nicht zu vergrätzen. Schon wenige Momente später konnte ich sehen, wie er sich in Bewegung setze in Richtung der Fliege. Diese Sank ganz langsam, im Mittelwasser angekommen stand der Barsch quasi direkt davor und beobachte den langsamen Sinkflug, happs! Ich konnte sehen wie die Fliege eingesaugt wurde, von mir dir Quittung, rums Anhieb! Im nächsten Moment schoss die Fliegenschnur aus meiner Hand, aus dem Schnurkorb und die Rolle drehte sich. Alter Verwalter, was war das denn für ne Flucht! Nun ging alles drunter und drüber, der Rahmen meines Keschers gab auf und löste sich aus der Verankerung, im Hintergrund kam ein Lieferwaagen, welchem ich im Weg stand und der Barsch sammelte Munter Blasentang ein, wodurch das ganze immer schwerer wurde. Dazwischen legte er wiederholt mehrere male Fluchten über ein paar Meter hin. Irgendwie Bastelte ich den Kescher wieder zusammen, der Lieferwagen hielt hinter mir und die Insassen schauten zu, sowie der Barsch wurde endlich Müde! Ich konnte ihn dann sicher landen und war in dem Moment einfach nur platt. Was für ne Nummer! Ich kramte das Maßband raus und glotzte nicht schlecht: Stolze 63cm und irgendwas. Mein mit Abstand größter und dann auf Sicht, na wenn das mal nicht perfekt war, weiß ich es ja auch nicht.
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Wie man sich vorstellen kann war der Tag nun endgültig für mich gegessen und ich brauchte diverse Zigarettenpausen.
Trotzdem fischten wir den Tag über noch weiter bis gut 21uhr. Meine Fresse war ich fertig!

Am Tag vor der Abreise durfte ich mich dann nochmal über einen sehr aggressiven 50er auf den Schwimm Shrimp / Topwater Fliege, auf Sicht an unserer Lieblingsstelle freuen. Je höher der Koeffizient wurde, desto mehr und auch große Barsche fingen das rauben dort an. Ein gutes Zeichen Für evtl. kommende Touren.
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Einstein

Master-Caster
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Sehr schön geschrieben!
Vielen Dank!

Erinnert mich ein wenig an die Angelei, die ich vorletzte Woche mit einem Kumpel betrieben habe: Vom Boot aus raubende Hecht mit Kunstködern anwerfen. Flachwasser, viel Kraut, viele buckelnde Brassen und mittendrin die Hechte.

Beim Lesen deines Textes haben sich bei mir folgende Fragen aufgetan:
Du schreibst, dass ein hoher Koeffizient entscheidend für diese Art der Fischerei ist. Was ich nicht genau herauslesen konnte: Klappt das ganze nur bei auflaufendem Wasser oder auch bei ablaufendem Wasser?

Ist diese Art der Fischerei auf einen bestimmten Zeitraum, bzw. auf bestimmte Monate/Jahreszeiten beschränkt? Oder klappt das die gesamte gängige Wolfsbarschsaison?
Ihr wart im Juni vor Ort, richtig?

Grüße Marius
 

StephenFly

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Moin Marius und vielen Dank!

Das klappt sowohl als auch bei Fallendem wie Steigendem Wasser. Grundsätzlich ist die Bewegung entscheidend. Wir hatten jetzt öfter den Fall das zum Ende der jeweiligen Phase bis zum Stillstand die meiste Aktivität vorhanden war. Ist aber sehr Stellen spezifisch und nur ein persönlicher Eindruck. Das kann anderen ja ganz anders gehen, wird aber häufiger auch mal so genannt.

Ja genau wir, sind quasi jetzt erst seit 2-3 Tagen wieder hier. Grundsätzlich klappt das die ganze Saison lang. Einschränkung ist Dezember - März, da haben die Fische Schonzeit. Je nachdem wie Kalt der Winter/das Wasser ist ziehen die sich aber auch etwas zurück und kommen nicht mehr ganz so viel in Ufernähe. Man kann sie so dann zwar auch noch fangen aber es sind einfach weniger Barsche unterwegs. Das Futter verzieht sich ja irgendwann auch in Tieferes-Wärmeres Wasser.

Ich hoffe das beantwortet dir deine Fragen soweit?

Beste Grüße
Stephen
 

gloin

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Toller Bericht, danke fürs Teilhabenlassen und natürlich Petri Heil zu den schönen Wölfen @StephenFly
 

Fidde

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Die Fische wandern Mitte-Ende Dezember zum laichen ab und kommen erst im März aus den Laichgründen zurück.
 

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