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DozeydragoN

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Hallo!

In eingen Themen wurde ja wiederholt über Verbauungen an Gewässern, über Fischsterben wegen schlechter Gewässerbedingungen oder anderen Situationen diskutiert, die für uns Angler und natürlich auch für die Fische förderlich, aber auch hinderlich sein können.
Nach Rücksprache und erfolgter Erlaubnis zur Verlinkung, möchte ich nun gerne mal von Euch wissen, wie Ihr zu dem Projekt Spree2011 steht, welches vor einiger Zeit ins Leben gerufen wurde.

Also haut in die Tasten und erörtert mal, was Ihr in solch einem Projekt für Vorteile oder auch Nachteile der Belange der angelnden 'Wassernutzer' seht!


MfG, DD
 

Wolf

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Hallo,

zunächst mal stellen sich ja zwei Fragen:

1. Wie sieht die Machbarkeit aus wenn man mal nicht die Ideengeber fragt? :wink:

2. Ist es tatsächlich so, dass der Zustand der Spree (mal abgesehen vom aktuellen Fischsterben) nur von den Starkregenereignissen stammt?

Man muss sich bewusst machen, dass die Probleme ja nicht von solchen Dauerregen kommen wie in den letzten beiden Tagen, sondern von solch kurzen aber umso stärkeren Regen wie letzte Woche mit z.B. 30 l/m². Bei einer Fläche Berlins von 890km² und einer Versieglung von ca. 35% sind das nur aus 10-20 min Regen ein paar Millionen m³ Wasser. Natürlich geht das nicht alles dann direkt in die Spree weil die Kanalisation selbst als Speicher dient, es ja bereits (gerade in den letzten Jahren einige entstanden) Rückhalteräume und es nicht nur das Klärwerk Ruhleben gibt. Ich will nur sagen, dass man 'ne Menge Behälter braucht. Und wo ausser im Bereich der Spree bis ca. zum Osthafen ist genug Platz für solche Pontons?

In den kritischen Monaten im Sommer fliessen in der Spree ca. 12 m³/s, in der Havel etwa 6 m³. Berlin leitet in diese 18 m³ etw 7-8 m³ Abwasser ein. Also ein drittel dessen was in Potsdam als Havelwasser ankommt ist unser berliner Abwasser. Nun gibt es ja sowohl an der Spree als auch an der Havel eine Menge Oberlieger, die wie wir ihr Abwasser nach der Klärung nirgendwo anders einleiten können als in diese Flüsse. So bekommt man eine ungefähre Vorstellung von der Zusammensetzung des Spreewassers...

Das Kernprobleme ist die Doppel- bzw. Dreifachbelastung aus der Tagebauflutung in der Lausitz. Einerseits wird das dort eindringende Grundwasser nicht mehr in die Spree geleitet (was an sich ja natürlich und ok ist), andererseits wird dann auch noch Spreewasser in die Tagebaue abgezweigt. Dazu die entsprechend noch niedrigen Grundwasserspiegel mit der sich daraus ergebenden Versickerung bzw. geringen Abflüssen aus den Landflächen. Hätte die Spree einen natürlichen Abfluss wäre zum einen die Verdünnung der Abwässer stärker und zum anderen der Sauerstoffeintrag höher.

Eins will ich noch zu bedenken geben: wird die Wasserqualität signifikant besser und das Wasser deutlich klarer wird sich das im Zanderbestand negativ bemerkbar machen :wink:

Also meine Meinung zu dieser Geschichte: nette Idee, schaden tut's nicht aber helfen wird es bestenfalls gegen ein Fischsterben auf einem kurzen Abschnitt der Spree. Zu einem wirklich sauberen Gewässer macht das die Spree ganz sicher nicht.

Hoffe, jetzt genug gelangweilt zu haben :D

Gruss,

Wolf
 

DozeydragoN

Finesse-Fux
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Hu,

hab ich jetzt richtig verstanden, daß selbst in langen regenfreien Intervallen, daß zuführende Wasser noch z.T. entzogen wird (also stromaufwärts)?
Mich hat eh schon eine Weile gewundert, daß wenn es oberhalb der Stadtspree gut geregnet hat, die Strömung in der Stadt nicht merkbar zugenommen hat. Hinzu kommt ja noch, daß die Stadtspree einer Wasserstandregulierung unterliegt, da sie ja auch eine Bundesschiffartsstraße darstellt. Daraus resultiert dann wohl das zuuu lange "stehen" des Wasser... Sicherlich nicht förderlich für die Fauna, die dort lebt, besonders bei der Art von "Extraschadstoffeinträgen".
An eine Veränderung der vorhandenen Fischarten hab ich auch schon gedacht. Über lange Jahre gesehen, könnten, bei einer signifikanten Verbesserung der Wasserqüalität (und Trübung), z.B. die Zanderbestände verkleinern, jedoch die Bestände der Hechte deutlich verbessern. Stellt sich die Frage, ob ob das in 'Anglers Augen' bestrebenswert ist. :wink:

Gruß, DD[/i]
 

RobertB

Dr. Jerkl & Mr. Bait
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@ DD

"Stromaufwärts" von Berlin wird das Spreewasser als "Füllmaterial" der durch den Tagebau entstandenen Restlöcher im Großraum Cottbus-Calau verwendet. Dort ensteht seit ein paar Jahren eine riesige Seenkette.


Ansonsten halte ich das Projekt zumindest für einen guten Ansatz, ob sich der allerdings angesichts der leeren Kassen finanzieren lässt und ob sich das von Wolf angesprochene Platzproblem lösen lässt -- man weiß es nicht!
 

Wolf

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Hallo,

wie Robert schon sagte wird Wasser aus der Spree bzw. Spreestauseen zur Flutung der Tagebaue abgezweigt. Dieser Effekt verstärkt noch den Verlust des nicht mehr zugeleiteten Grundwassers aus eben diesen Tagebauen. Das waren mal so etwa 13 m³/s die alleine schon fehlen, also etwa so viel wie die Spree im Moment hat.

Zum Vergleich: der mittlere jährliche Abfluss lag bis zur Wende bei rund 40m³/s, heute ist es die Hälfte. Dazu muss man wissen, dass die Veränderungen beim winterlichen "Hochwasser" sehr gering sind, die Unterschiede treten beim sommerlichen Niedrigwasser auf. Es kommen also alle ungünstigen Faktoren zusammen: geringer natürlicher Abfluss, hoher Zustrom belasteten Wassers, eine hohe Aktivität der Biomasse umsetzenden Lebewesen und der temperaturbedingte niedrige absolute Sauerstoffgehalt des Wassers.

"Mein" See hat diesen Wandel vom nährstoffreichen eutrophen See zum - naja, sagen wir mal klaren See durchgemacht. Der Fischbestand hat sich entsprechend verändert. Früher viele Zander, heute weit seltener. Dafür eine enorme Zunahme der Hechte und Rapfen (wobei das mit den Rapfen ja überall zu sein scheint). Auch die Weissfische wurden weniger, im Schnitt aber grösser. Auch haben Alande zugenommen und Döbel tauchen häufiger auf.

Dass die Spree den selben Weg geht ist zum Teil möglich, der entscheidende Schritt wird aber das Ende der Tagebauflutung so ca. 2025 sein. Der Hechtbestand wird allerdings auch dann kaum explodieren, es fehlen schlicht Laichhabitate und Deckung für die Jung- und 1-2 jährigen Fische.

Gruss,

Wolf
 

CatchAndReleaseIt

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"Auch die Weissfische wurden weniger, im Schnitt aber grösser" ... klassisch für Gewässer mit gutem Hechtbestand ... :wink:

... ansonsten denke ich wird sich wohl leider nicht viel ändern an der gegenwärtigen Situation ... wahren Weitblick hat die Politik selten genug bewiesen :(
 

Thomsen

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Ich halte das Projekt ebenfalls für einen guten Ansatz...die Vereinigung von Ökologie und Ökonomie, das geht...und scheint elegant.

Ob es in bezug auf die sonst kanalisierbaren Überflussmengen technisch durchführbar ist, entzieht sich meiner Kenntnis....also der generelle ingenieurtechnische 'Platzanspruch' des Projekts.

@Wolf
Ist ein Vergnügen, Deine sachkundigen Beiträge zu lesen...kurze Nachfrage: ist 'Dein See' spreeverbunden, welcher ist es? Woher kommt Deiner Ansicht nach die gezeitigte Erniedrigung der Trophiestufe?


Thomas
 

Wolf

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Hallo Thomas,

danke für das Kompliment :D Mein See ist der Tegeler See. Auf der Karte eine seenartige Ausbuchtung der Oberhavel (also keine Spreeverbindung weil stromauf der Spreemündung), bei Betrachtung der Topologie jedoch ein sich von den anderen Flussseen merklich unterscheidendes Gewässer: tiefster Flusssee Berlins, sowohl absolut als auch bezüglich der Durchschnittstiefe und kein Durchflussgewässer der Havel.

Der Zufluss besteht natürlicherweise nur aus dem Tegeler Fliess mit ein paar hundert l/s. Entscheidend für den hohen Eutrophierungsgrad war aber der Nordgraben als Klärwerksableiter mit seiner hohen Nährstofffracht. Als der See drohte, umzukippen, hat man zwei Dinge getan, die heute grosse Wirkung zeigen: einerseits wurde eine Phosphateliminationsanlage vor der Mündung in den See gebaut und zweitens hat man Belüftungsanlagen zum Sauerstoffeintrag in den Tiefenbereichen installiert.

Das sind wohl die entscheidenden Massnahmen gewesen. Die ursprünglichen grossen Belüfter sind inzwischen an anderen Seen stationiert, bei uns stehen zwar auch noch so interessante Springbrunnen rum, ob die wirklich effektiv Sauerstoff eintragen, insbesondere in der Tiefe wage ich zu bezweifeln. Da dort aber laut Echolot 'ne Menge Fisch schwimmt muss ja Sauerstoff da sein :wink:

Gruss,

Wolf
 

Thomsen

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Tegeler See als Stichwort hätte bereits genügt....

Die durchgeführten erfolgreichen Maßnahmen (Phosphateliminationsanlage und Tiefenbelüftung) sind ja bereits (Berliner) Legende....die 'eiserne Lunge' eben.
Den Begriff 'Flussee' hatte ich für die Mittelstellung zwischen Fluss und See vorsichtshalber im letzten Beitrag ausgelassen...unnötig, wie ich sehe bzw. lese.

Ist immer wieder schön, wenn sich jemand über das Angeln hinaus für die wesentlichen (größeren) Zusammenhänge interessiert...also die Systeme, in denen die von uns zu fangenden Fische überhaupt herumschwimmen. Großartig...ich bleibe dabei, auch wenn wir der Spree grad' nicht wirklich weiterhelfen können.


Thomas
 

Wolf

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Hallo Thomas,

Tegeler See als Stichwort hätte bereits genügt....
Gut, sehen wir den Rest als Info für die, die noch nichts darüber wussten :wink:

Ist immer wieder schön, wenn sich jemand über das Angeln hinaus für die wesentlichen (größeren) Zusammenhänge interessiert...
Sehe ich genauso. Deswegen habe ich in diese Richtung studiert, in der naiven Hoffnung, vielleicht mal was bewirken zu können.

Gruss,

Wolf
 

Thomsen

Gummipapst
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Deswegen habe ich in diese Richtung studiert, in der naiven Hoffnung, vielleicht mal was bewirken zu können.

Gruss, Wolf

Hi Wolf,

was genau hast Du studiert? Interessiert mich persönlich....
Damit es keine Off-Topic-Anklage gibt: Deine weitere Empfehlung für die Spree...?


Gruß, Thomas
 

Wolf

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Hallo Thomas,

Bauing. mit Fachrichtung Wasserbau und Siedlungwasserwirtschaft. Somit also Kanäle, Wehre, Staudämme, Häfen als auch Trinkwassergewinnung und Abwasserbehandlung und -entsorgung.

Deine weitere Empfehlung für die Spree...?
:wink: Naja, um die Flutung der Tagebaue kommt man nicht rum, aus berliner Sicht wäre eine längere Flutungszeit wünschenswert, nur darauf lassen sich die Brandenburger nicht ein.

Schön wäre eine noch bessere Klärung der Abwässer, insbesondere Phosphat als limitierender Faktor. Schwierigkeit ist halt, dass eine geringe Verbesserung mit ziemlich hohem Aufwand verbunden ist. Zudem müsste Hochwasser besser gespeichert werden, zumindest bis zur Wiederherstellung des natürlichen Abflusses. Da aber neue Bauwerke zum einen nicht akzeptiert würden, es ohnehin nach der spremberger Sperre keinen Standort gibt und eine Bauzeit auch viel zu lang wäre bliebe als sinnvolle Möglichkeit nur die Rekonstruktion von Überflutungs- und somit Speicherflächen. Leider sind die meisten dieser Flächen heute in verschiedenster Weise genutzt, so dass auch das wegfällt.

Ich sollte ehrlicherweise noch sagen, dass Berlin mit Brandenburg einen Vertrag über ein Restwasser von 10 m³/s hat und dazu eine kleine Anzahl Speicherseen existiert. Bei beispielweise 6 m³/s Zuwasser in zwei trockenen Sommermonaten wäre das jedoch der komplette Müggelsee (mal so als Vergleich). Anders gesagt, diese Speicherseen sind im Falle eines trockenen Sommers ein Tropfen auf den heissen Stein. Zu sehen im Sommer 03 mit einem Abfluss von gerade 6 m³/s über 5 Monate.

Freuen wir uns, dass es Zander gibt :D

Gruss,

Wolf
 

Thomsen

Gummipapst
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Hi Wolf,

Spremberg, Senftenberg u. Chosebuz liegen etwa 120-130km entfernt vor Berlin. Meinst Du wirklich, dass sich im Laufe dieser Strecke keinerlei potentielle Überflutungsfläche mehr finden könnte?

Und zur Spree-Situation in Berlin: könnten solche 'hippen' Society-Container mit Event-Charakter (*g*) die lokal temporären Überflut-Ereignisse wirklich auffangen? Oder bleibt auch das rein rechnerisch nur ein Wunschtraum...?


Thomas
 

jb

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Hallo Alle zusammen!

Ich finde es gut, dass hier im Forum auch einmal solche Dinge angesprochen werden, obwohl es sich um ein trauriges Kapitel für uns berliner Angler handelt!

Kurz vor dem Fischsterben (am Sonntag) konnte ich am unteren Spreeabschnitt (Schleuse Charlottenburg) tausende Fische an der Oberfläche nach Luft schnappen sehen. Darunter viele Weißfische und Barsche aber auch einen Zander, Hecht, Aal und sogar eine Quappe!

Eine Woche vor dem Fischsterben war die Spree so klar wie schon seit Jahren nicht mehr -fast wie ein Aquarium- und man hätte annehmen können, dass sich die Spree und der Fischbestand allmählich normalisiert (mehr Hecht; weniger Zander, bessere Wasserqualität). Dieses Jahr hab ich weiterhin zum ersten Mal Wasserpflanzen in größeren Mengen sehen können; die Spree war dabei sich zu erholen! Vor 25 Jahren, muss man dazu sagen, konnte man nicht einmal fingertief hineinschauen, es stank nach Phenol und man musste sich vor fragenden Passanten rechtfertigen, ob den hier überhaupt noch Fische drin wären!

Was mich an der ganzen Situation so wütend macht ist, da werden Milliarden Euro für die Veränderung des Flußlaufes, die Erhöhung bzw. den Neubau von Brücken, Spundwänden und weiteren unnützen Dingen von unseren Steuergeldern in den Spreeausbau gesteckt, (obwohl ich den Anschein habe, es fahren nunmehr weit weniger und kleinere Schiffe auf der Spree als früher!) und ein etwas stärkerer Regen wird von den Verantwortlichen als hinzunehmender Grund für eine ökologische Katastrophe dargestellt!

Natürlich gäbe es genügend Geld und auch Überflutungsflächen, um solche Fischsterben zu verhindern und dem Gewässer die Chance zu geben wieder ein ökologisches Gleichgewicht zu erreichen aber das scheint unsere Verantwortlichen nicht zu interessieren!

Das derzeitige Fischsterben in der Spree bedeutet leider aus meiner Sicht einen herben Rückschlage für viele (auch Barsch-Alarm), die sich aktiv Gedanken machen Dinge positiv zu verändern und die Menschen für Flora und Fauna zu sensibilisieren!

Die Spree ist tot aber vielleicht wird sich das bis zum Jahre 2011 ja wieder ändern! :?

Gruß jb
 

Wolf

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Hallo Thomas,

wie ich schon DD kurz beschrieb kommen bei solch einem Starkregen im Stadgebiet mehrere Millionen m³ Wasser in wenigen Minuten runter. Zunächst läuft die Kanalisation voll, dann (oder zeitgleich, je nach Konstruktion) die eventuell vorhandenen Rückhalteräume. Letztlich laufen diese über. Die Theorie geht von einer durch das unbelastete Regenwasser und die "Dekantierung" hohen Verdünnung der häuslichen Abwässer aus. Hat es aber länger nicht geregnet und ist dadurch der Eintrag von organischen Bestandteilen durch den Regen ohnehin schon hoch versagt die optimistische Theorie zusätzlich.

Das Problem, das ich in der Funktionsfähigkeit der Behälter sehe ist die notwendige Grösse, um einen einzigen Starkregen auffangen zu können. Die Einleitungen sind ja im gesamten Lauf der Spree (und der Kanäle). Also wie gesagt: wo ab dem Osthafen ist Platz dafür? Aber vor allem kommt das Problem hinzu, dass Kläranlagen auf einen ungefähren Zufluss mit einer recht hohen Schmutzfracht ausgelegt sind. Man kann also nicht einfach viel Wasser mit relativ wenig Belastung durchschicken, dann funktioniert die biologische Klärung nicht mehr. Man kann also auch nicht einfach hopplahopp die Behälter leerpumpen, sondern muss das zeitlich strecken. Was wiederum eine Bemessung auf mehrere Regen notwendig macht wenn man mit den Teilen wirklich was bewirken will. Und diese erforderliche Grösse ist nicht so ohne weiteres realisierbar. Auch wenn manch einer es nicht glaubt: man strebt schon an, von dieser Überlauferei der Kanalisation weg zu kommen. Ich denke daher, dass solche Behälter dort wo sie hin passen die Einlaitungen verhindern können. Aber nicht weit unterhalb wird der nächste Überlauf sein und keine Behälter mehr in den Spreelauf passen. Und dann ist das Problem wieder da. Also ruhig machen, aber keine Wunder erwarten.

Was die Überflutungsflächen angeht: ich habe mich damit noch nicht so eingehend beschäftigt. Ich will nur zu bedenken geben, dass man die Wassermenge des Müggelsees (wie im Beispiel gezeigt) nicht so ohne weiteres verteilen kann. Schon weil Überflutungsflächen ja keine Flächen sind, die man so ohne weiteres längere Zeit um einen Meter oder mehr überstauen kann, sondern nur weit weniger. Da kommt man schnell auf einen Platzbedarf von 100 km² und mehr. Nicht so einfach, das zu finden.

@jb: was die Überflutungsflächen und das Geld angeht wäre ich mir über deren ausreichendes Vorhandensein nicht so sicher. Wo ich Dir aber vollkommen zustimme ist, dass der progostizierte Schiffsverkehr nicht nur nicht da ist, sondern wohl auch nie kommen wird. Und das war tatsächlich abzusehen und schöngerechnet. Nicht umsonst nimmt Brandenburg auch von einigen Massnahmen an der Havel wieder Abstand. Späte Einsicht.

Gruss,

Wolf
 

Thomsen

Gummipapst
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Spannende Sache...

habe das Klärwerk Ruhleben vor Jahren auch mal im Rahmen meiner Mikrobio-Kurse besucht...mich aber natürlich dabei nicht mit vordergründig ingenieurtechnischen Fragen (Flussmengen in m³, Pumpstrecken o.ä.) auseinandergesetzt ...

Prinzipiell bleibt doch aber gültig, dass ein 'Mehr' an Behältnissen (wie Rückhaltebecken) nur von Vorteil dabei sein kann...aus denen dann zeitverzögert auch die Klärwerke angepumpt werden.

Und für den 'worst-case' an Regenfällen, der die Kapazität der Kanalisation plus Rückhaltespeichern überschreitet, vielleicht (landwirtschaftliche) Überflutungsflächen, die das ins Grundwasser vorstoßende Sickerwasser auch noch mal grob- wie feinfiltertechnisch ausmisten und über Bodenorganismen die entsprechenden Stoffumsetzungen vornehmen. Rieselfelder haben wir doch auch in Berlin und Umgebung .... werden die nicht ausreichend aus der Kanalisation angepumpt? Und: müssen Klärwerke prinzipiell bis zu einer Stufe vorklären, bevor ein entsprechendes Volumen auf Rieselfeldern verteilt werden kann?


Thomas
 

Wolf

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Hallo Thomas,

also die Felder an sich sind schon noch da, wo sollen sie auch hin :wink: Aber im Ernst. Die Felder innerhalb Berlins (Spandau) sind schon seit Jahrzehnten nicht mehr in Betrieb und zu denen in Brandenburg kann ich nur sagen, dass sie zumindest seit der Wende nicht mehr genutzt werden. So ohne weiteres darf eine solche Klärung auch nicht mehr statt finden (wie das Verbot von Sickergruben). Biologische Kleinkläranlagen (falls Du was in der Art meintest) sind unten dicht, das Wasser sickert entweder an der Dichtung entlang in einen Sammler oder wird drainiert. Nebenbei: die Rieselfelder sind in der Landschaft so schön zu erkennen weil Bäume und alles was etwas tiefer wurzelt mit der Zeit abstirbt, am längsten lebt was auf den Wällen wurzelt. Hintergrund ist eine Kontermination der der Böden mit Schwermetallen aus der Zeit der Industrialisierung. Ein Schnitt durch diese Böden sieht interessant aus... Da sind viele heute auf Grund der Bodenverunreingung unverkäuflicher Industrieflächen in bester Lage Kinderkram gegen. Also Rieselfelder fallen weg weil diese Entsorgung schlicht verboten ist (auch der Klärschlamm darf nicht mehr zur Düngung von Feldern verwendet werden, sondern muss deponiert oder verbrannt werden).

Ich gebe zu, dass sich das grotesk anhört angesichts der Tatsache, dass das Wasser dann nahezu ungereinigt in die Oberflächengewässer geht. Und die Lösung heisst dann ganz klar Rückhaltebecken und noch besser Trennkanalisation mit Rückhaltebecken. Wenn es dann überläuft ist es tatsächlich schlimmstenfalls leicht verschmutztes Regenwasser. Ich will die Behälter gar nicht schlecht machen, viel mehr ist die es die Darstellung auf der Netzseite, dass die Spree dann wieder rein und klar wäre, die mich zu Widerspruch reizt. Also nur das Bremsen zu grosser Erwartungen.

Du studierst/studiertest Biologie?

Gruss,

Wolf
 

DozeydragoN

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Hallo!

Mit Freude habe ich gestern eine Email von Dipl.-Ing. Ralf Steeg (Projektentwicklung, Spree 2011) gelesen, in der er mir/ uns mitteilte, daß er gerne im Detail auf die hier bisher angesprochenen Themen und Komentare Bezug nehmen würde. Dies kann aber noch 2-3 Tage dauern, da momentan noch einges an organisatorischem für den "Europäischer Flussbadetag - BIG JUMP" erledigt werden muß.

Womit ich bei einem weiteren Punkt bin: Der europäischer Flussbadetag wird am 17.07. celebriert, mit einer Fülle an Veranstaltungen. Für uns sicher mit am interessantesten könnte die Ausstellung "Das Projekt SPREE2011" und die Podiumsdiskussion: "Die Sanierung der Spree: Überflüssiger Luxus oder Chance für die Stadt?" sein. Leider bin ich zu diesem Zeitpunkt verhindert, da ich ab dem 18.07. meine "Semesterabschluss-Klausurenwoche" habe (sind ja nur 14 Klausuren :x ).
Deshalb meine Frage an Euch: Hat jemand Lust und Zeit, sich da mal einzuklinken um uns evtl. mit weiteren Informationen zu versorgen? Wäre SUPER, wenn es einer von Euch machen würde !!!


Danke, DD
 

Thomsen

Gummipapst
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Hi Wolf,

jau, ein Biologe...eines meiner beliebtesten Fächer ist immer Ökologie gewesen, natürlich unter besonderer Berücksichtigung aquatischer Ökosysteme. Fischereibiologie, Meeresbiologie, Hydrologie, Limnologie....usw.

@DD

Das ist klasse, dass sich der Herr Steeg direkt an Diskussion und Informationsaustausch hier beteiligen möchte. Das verspricht, sehr sehr interessant zu werden...
Ich weiss nicht, ob ich das am 17. schaffe, habe gerade auch ein größeres berufliches Projekt zu bewältigen...Forum für eine internat. Gesellschaft von Biologen einrichten und zumindest anfangs administrieren. Merke mir das aber trotzdem mal vor...vielleicht klappt es ja doch, nur versprechen kann ich es leider nicht...


Thomas
 

Wolf

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Hallo DD,

erstmal danke für Dein Engagement. Bei mir ist auch noch unklar, ob ich am WE Zeit dafür habe, ansonsten schon sehr interessant.

Gruss,

Wolf
 

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