Fangberichte Tausche Smartphone gegen Meerforellenblinker

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Wie Kinder sich in Südjütland die Natur zurück erobern: Angelexpeditionen mit Schulkindern, um an der Ostseeküste Meerforellen zu angeln? Hier ein kleiner Mutmacher am Beispiel der Hauptschule Tecklenburg auf ihrer Reise nach Lille Bodskov in Dänemark: Im Folgenden sollen mögliche Schritte erläutert werden, wie man eine solche Fahrt durchführen kann.

Absolute Priorität hat die Organisation einer zweckmäßigen Unterkunft: Dazu gehört eine gewisse Nähe zum Meer, die Möglichkeit, auch teilweise zugesottete Angelbrocken zu lagern und last but not least, Ess- und Schlafmöglichkeiten für eine Horde wilder Abenteurer! Hier bietet sich für unsere Truppe ein altes Bauernhaus an, das in der Obhut des Landkreises Stade liegt.

Die Verbindung zum Landkreis und die Möglichkeit, das Haus zu mieten entsteht durch die mehrjährige Betreuung von Jugendfreizeiten durch Küchenchef und Meerforellenveteran Saza Sazalowski und dem für die Fahrten des HSTE Fishing Teams verantwortlichen Lehrer Johannes Lohmöller.

Nachdem dieser Punkt für uns glücklich abgehandelt wird, gilt es einen in der Theorie für die Meerforellenangelei günstigen Zeitpunkt zu bestimmen. Dafür sollte Mitte April genau richtig sein! Die Meerforellen ((Salmo trutta trutta) sollten nach ihrem Laichgeschäft wieder in guter Form sein und außerdem könnte man immer mal wieder auf einen fetten Übersteiger hoffen. Die Übersteiger bilden eine Art genetische Reserve und setzen mit dem Laichgeschäft für eine Saison aus. Ihre Aufgabe ist stattdessen: fressen, fressen, fressen!

Als nächstes muss der Termin von der Schulleitung bestätigt werden, da wichtige Prüfungen, Praktika und andere Verpflichtungen nicht in diesen Zeitraum fallen dürfen.

Der dritte Punkt ist die Zusammenstellung des Teams, sowohl der Betreuer, als auch der mitfahrenden Schüler.

Neben den Lehrern Birte Spreer und Johannes Lohmöller bewähren sich seit Jahren Saza Sazalowski und Adam Chruszczewski mit ihren individuellen Erfahrungen in der Jugendarbeit oder in ausländischen Krisengebieten, die es auch in diesem Jahr glücklicherweise einrichten können!
Außerdem sagt Kameramann und Master of Education Wladimir Danilow zu, und damit sollte dann nichts mehr schief gehen!

Jetzt geht es an die Auswahl der zahlreichen Bewerbungen jugendlicher Hasardeure, die sich in das Abenteuer Meerforelle stürzen wollen. Hierbei muss sichergestellt werden, dass die Kandidaten auf jeden Fall vom Angelvirus infiziert sind und nicht nur eine laue Auszeit von der Schule genießen wollen. Daher haben natürlich die Teilnehmer der für die Kinder freiwilligen Angel-AG und des für die Neuntklässler angebotenen Wahlpflichtkurses „Angeln“ die Nase vorn.

Die restlichen Teilnehmer werden im Losverfahren bestimmt und die Eltern informiert. An einem Elternabend wird die Fahrt dann genau vorgestellt und das Material der Kids gesichtet. Dieser Tagespunkt ist super wichtig! Viele Eltern haben selber nie gefischt und sich dementsprechend nie damit auseinandergesetzt, ob die unberingte Bambus-Stippe von Onkel Hugos Dachboden für die Spinfischerei auf unseren Zielfisch wohl geeignet ist!

Kleinteile, wie Fluorocarbon, Ersatzdrillinge, Schnur, Sprengringe und Wirbel werden uns neben super Zangen und Scheren glücklicherweise von Fox Rage kostenfrei zur Verfügung gestellt, so dass dieser Posten die Eltern nicht noch zusätzlich belastet. Wathosen werden bei Bedarf verliehen; auch hier haben wir mit Patagonia großes Glück, da sie uns ebenfalls super unterstützen!

Rechtliche Bestimmungen wie z.B. Mitfahrt im Privat-PKW sind ebenso Thema wie Hinweise auf mögliche Lebensmittelunverträglichkeiten, Konsequenzen bei groben Verstößen gegen die Gemeinschaft, usw.. Glücklicherweise ging bisher alles gut aber man sollte zumindest drüber reden, damit es so bleibt!

Die finanzielle Situation muss ebenfalls geklärt werden, um zu sehen, ob es hinsichtlich der Bezahlung zu untragbaren Belastungen einzelner Familien kommt. Niemandem soll wegen fehlender Mittel diese tolle Fahrt vorenthalten werden! So bezahlt Dietmar Isaiasch, der unserer Schule seit seinem Angelunterricht im letzten Herbst freundschaftlich verbunden ist, zwei Jungen aus der Wohngruppe die Fahrt aus eigener Tasche. Sensationell!!!

Bei all den oben genannten Punkten ist es besonders wichtig, die ersten Informationen schon deutlich vor Weihnachten herauszugeben und entsprechende Sitzungen frühzeitig zu terminieren. Viele Teilnehmer benötigen einfach noch Ausrüstung und da kann es nicht schaden, wenn Oma, Opa und das Christkind in die Planungen einbezogen werden können! Vor Antritt der Fahrt kann man dann noch Köder sammeln oder sogar Löffelblinker selber herstellen. Das macht einen Riesenspaß!

Mietbullies und Anhänger müssen organisiert und vor Antritt der Fahrt sämtliche Lebensmittel geplant und organisiert werden! Bei 20 Fahrern, die sich an frischer Luft aktiv betätigen, fällt der wöchentliche Bedarf entsprechend aus! Großer Wert wird auch hier auf Qualität und Frische der Zutaten gelegt, auf irgendetwas anderes lässt sich Saza auch niemals ein! Dazu müssen Seeringelwürmer bestellt werden, die bei einem Zwischenstopp in Flensburg abgeholt werden. Das Angeln in der Brandung auf Platten mit Seeringelwürmern übt nämlich erfahrungsgemäß einen großen Reiz auf unsere jugendlichen Fahrer aus.

Die Kolonne wird aufgespalten in drei Bullies, wobei ein Bullie samt Anhänger als Vorhut am Vortag startet, um Lebensmittel und Gepäck zu transportieren und das Haus vorzubereiten. Am Folgetag heißt es nach 6 Stunden Fahrt für die erwachsenden Fahrer erst einmal kurz Kaffee trinken, während die Jungangler schon einmal das Quartier inspizieren. In 15 Minuten soll dann die erste Lagerbesprechung abgehalten werden, denn schließlich sind wir zum Angeln hier und alle wollen ans Wasser!

Gebannt wird den Fangberichten des Vortages und des frühen Morgens gelauscht, wo schon ganz gute Fische gefangen wurden. Unter anderem eine knapp über 70cm große Trutte von Johannes Lohmöller. Sein abartiges Glück vom Vorjahr scheint sich fortzusetzen und der Fisch muss auch kurz die Truhe verlassen, um von den Kids bestaunt zu werden. Spätestens jetzt brennen alle und es wird schwierig, die Jungangler zu bremsen! Dennoch ist noch eine kurze Einweisung nötig: ohne geht es leider nicht! Die üblichen Themen sind natürlich Sicherheit, Sicherheit, Sicherheit, sowie Umgang mit heimischen Anglern und gehakten Fischen! Zudem wird der Küchendienst eingeteilt und die Benutzung der einzigen Sanitäranlage für alle Teilnehmer eindringlich – inklusive möglicher Konsequenzen – erläutert!

Jetzt werden die Zimmer aufgeteilt und die ersten Dreiergruppen zum Angeln gebildet. Das ist die Mindestanzahl, damit gegebenenfalls Hilfe geholt und ein verletzter Angler betreut werden kann. Die Rückkehr zum Haus wird für den Einbruch der Dunkelheit terminiert, damit jeder noch vor dem Abendessen die Chance auf den Premierenfisch hat. Nach dem reichhaltigen Abendmahl verraten die Wochenendgäste Jochen Dieckmann und Adrian Prus noch ein paar Geheimtipps, die vom Angelnachwuchs gierig angenommen werden.


Jochen Dieckmann erklärt das Brandungsangelsystem denn wir knüpfen selber!

Nachdem die Bettruhe für die Jungangler eingeläutet ist, diskutieren die Betreuer noch über mögliche Strategien für die Folgetage, denn der dicke MeFo-Bomber am frühen Morgen sollte der einzige Fisch dieses Tages bleiben.


Adrian, Hannes und Jochen mit dem Brummer

Das Wasser ist mit 2 Grad immer noch empfindlich kalt, und dementsprechend schleppend geht es vorerst los. Das Beratschlagen und Überlegen ist ein Ritual, das sich in den Folgetagen unter dem Titel Betreuerbesprechung regelmäßig wiederholen soll. Auch dank der Unterstützung von Northguiding, die uns mit dem hervorragenden Angelführer Südjütland ausgestattet haben, finden wir dennoch Strandabschnitte, die bei den vorherrschenden Wetterbedingungen erfolgversprechend sind. Als wir dann auch erfolgreich jagende Wasservögel sehen, wissen wir, dass wir goldrichtig, bzw. silberrichtig sind! So gelingt es uns innerhalb der Woche an den unterschiedlichen Orten dann doch noch etwa 30 Meerforellen zu überlisten.


JP


Alex mit schöner Forelle


Henry und Dennis


Adam und Marvin


Saza

Erfolgsköder sind hier in der Regel Blinker in der 16 Gramm Klasse und auch dementsprechende Küstenwobbler in unterschiedlichen Farben. Favoriten sind hier Kupfer, gelb-grün und silber-blau.


Der Goby in gelbgrün.

Dazu fangen wir in der Brandung viele und teilweise auch richtig gute Platten!

Neben der Angelei sind es aber noch ganz viele andere Dinge, die allen ein Leben lang in Erinnerung bleiben werden: Da sind neben tollen Natureindrücken inklusive Schweinswalbeobachtungen vor beeindruckender Kulisse vor allem die Gemeinschaftserlebnisse. Es ist einfach ein tolles Erlebnis, wenn erfahrenere Schüler, die ihre dritte Fahrt antreten, zehnjährigen Fünftklässlern bei der Montage, dem Knoten binden oder der Wurftechnik helfen und Verantwortung übernehmen!

Dazu ist es beeindruckend, wie rücksichtsvoll unsere Hauptschüler die Übernachtungen in großen Schlafsäälen meistern und auch bei ihrem Dienst in der Küche Vollgas geben!


Jeder schält so viele Kartoffeln wie er essen kann!

Interessant ist auch festzustellen, wie sich die zu Beginn der Fahrt rechteckigen Äuglein in der Woche ohne TV, Handy und PC wieder in ihre ursprüngliche Form zurückverwandeln und der Wert einer Primärerfahrung zu schätzen gelernt wird. Marvin:“ Alter!!! Guck mal! Da liegt ein Fuchs!!!“


Fuchs

Stichwort „Fuchs“: Auch die Biologie kommt auf unserer Reise nicht zu kurz. Wichtige Fragen sind: Wie ist der Wasserstand? Von wo kommt der Wind, wo ist dementsprechend Nahrung für die Meerforellen verfügbar und die Aussicht auf einen Fang gegeben? Wo sind andere Lebewesen, wie Tangläufer, Garnelen und kleine Beutefische, wie der Tobiasfisch? Gibt es Vögel, wie den Gänsesäger oder den Kormoran, die erfolgreich jagen?


Die Schüler erkennen die Natur als komplexes System und lernen daraus zu lesen.

Insgesamt verläuft die Fahrt trotz Verspätung des Frühjahrs und leichten Widrigkeiten wieder einmal super.


Reifenpanne auf dem Weg nach Halk Strand, Saza u. Johannes Lohmöller

Wir entdecken viele neue Spots, da wir relativ viel suchen müssen. So wird der Kolding Fjord auch im nächsten Jahr ein mögliches Reiseziel sein!


KoldingFjord vlnr Adam Marvin Alex Birte Spreer Henry Christian

Glücklicherweise erwischen wir trotz übler Wetterkapriolen in diesem Frühjahr ein paar Sonnentage. Das haben Saza und Johannes Lohmöller auf einer Fahrt zwei Wochen zuvor noch ganz anders erlebt!


Eisfreizeit

Darauf hat man natürlich keinen Einfluss. Planbar ist hingegen die Qualität der Verpflegung, mit einer tollen Speisefolge, die vom Küchenbullen Saza ganz hervorragend erstellt und umgesetzt wird.


Lageridylle


„Das muss schmecken!!!“

Zum Abschluss noch ein paar Impressionen eines in jeder Hinsicht wertvollen Projektes, das auch an anderen Lehranstalten wortwörtlich Schule machen sollte! Nur Mut!

Weitere Eindrücke und Unterstützung bekommt ihr auf der facebook-Seite des HSTE Fishing Teams.

M
Echt stark. Richtig gute Sache!
Alle 10 Daumen hoch dafür :lol:
T
Ich finde das eine großartige Sache und bin echt beeindruckt. Prima das mit dem Engagement vieler so ein tolles Erlebnis für die Kids auf die Beine gestellt werden konnte.

Gruß

Tomasz
T
Genial das so etwas in unserer doch so unsozial gewordenen Gesellschaft noch möglich ist!
Großen Respekt an die Menschen die sich dort engagieren und ihre Zeit dafür übrig haben!
Dietmar hat bei mir direkt nochmal 10 Punkte dazugewonnen! Halte ihn ohnehin für einen der nettesten sympathischsten Typen!
Beispielhaft, wenn auch mal ein paar Euros aus den ganzen Werbeverträgen etc an die Angelgemeinde zurückgeht indirekt!
Würden sich nur unsere Politiker ein Beispiel an solchen Aktionen nehmen, aber das ist ein anderes Thema!

Tight Lines aus Berlin!!!
S
Wirklich toll! :)
U
Respekt, ganz groß was Ihr auf die Beine gestellt habt. Diese prägende Erfahrung bringt alle Beteilige weiter.
Petri Uli
M
..das Ihr Euch die Mühen macht und schade, dass es so etwas zu meiner Zeit noch nicht gab ;)

Bastian
J
Danke, aber es gibt durchaus noch Möglichkeiten, Versäumtes nachzuholen: die meisten Schulen sind super dankbar, wenn Außenstehende Projekte oder AGs anbieten. Das macht genau so viel Spaß, weil man ja weiß, wie gerne man das als Kind selbst gemacht hätte! :D
M
...nicht mehr in der Lage für solche Dinge tätig zu werden, bzw.mich da umfassend einzubringen.
Umso mehr freut es mich, dass es Leute gibt, wie Euch!!! ;-)

Gruss
M